Mit SchülerInnen im Gespräch

Projekttag „Regionale & globale Aspekte einer europäischen Entwicklungspolitik“ an der MORUS-Schule Erkner

19.12.2017
Felix Thier
Der Schulname erklärt.

Relativ regelmäßig ist Helmut Scholz in Schulen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu Gast, um in den dortigen Klassen über Europa zu sprechen. Dieses Mal wurde er zu einem Projekttag „Regionale & globale Aspekte einer europäischen Entwicklungspolitik“ nach Erkner in die dortige MORUS-Schule eingeladen. MORUS steht hier für Motivation, Orientierung, Reife, Oberschule und Selbstständigkeit.

Helmut Scholz berichtet aus dem Parlament.

In verschiedenen Gruppen hatten sich die Schülerinnen und Schüler mit Themen befasst, Abschluss des Tages bildete die Diskussion mit dem Europaabgeordneten. Nach einem kurzen Einblick durch Helmut Scholz in den Arbeitsalltag und eine typische Arbeitswoche im Europäischen Parlament ging es los mit den Fragen der Schulklasse – und diese kamen recht zahlreich!

Nach der persönlichen Meinung zum Brexit gefragt, entgegnete Scholz, dass es natürlich jedem Staat zustehe, frei zu entscheiden. Die Frage sei doch aber, warum Großbritannien (GB) aus der EU raus wollte? Wie war und ist die dortige Stimmung, welche besondere Rolle hatte GB all die Jahre seiner Mitgliedschaft in der EU, waren die Briten überhaupt je richtig angekommen im gemeinsamen Projekt Europa? Nach Helmut Scholz‘ Worten haben die Briten die EU immer nur wirtschaftlich gedacht, nie als das große Projekt einer übergreifenden Wertegemeinschaft.

Gefragt wurde auch nach dem Aufbau der Handelspolitik bzw. dem Modell EU zu den Märkten Afrikas und Asien. Helmut Scholz sieht hier in der hohen Produktivität der EU-Staaten das Problem, welches die heimischen Märkte in Afrika und Asien kaputt macht, das produzierende Gewerbe ist in Europa wesentlich weiter. Das wiederum sorgt dafür, dass die Menschen in Afrika und Asien zu großen Teilen arbeitslos werden, eine von vielen Fluchtursachen. Hier konnte Helmut Scholz auf einen Erfolg verweisen, an dem er selbst maßgeblich mitgewirkt hat, Stichwort Konfliktmineralien. Gerade im Gebiet der Großen Seen in Afrika sind wertvolle Bodenschätze wie Gold, Zinn, Kobalt und Wolfram oft Geldquelle für Warlords - sprich die Industrie, welche auf die vorgenannten Mineralien angewiesen ist, finanziert Kriege und Konflikte in diesen Regionen. Nunmehr müssen die Unternehmen auf Beschluss des EU-Parlamentes nachweisen, wo und wie die Bodenschätze für die industrielle Produktion gewonnen wurden.

Was bei Konfliktmineralien ganz gut klappte, ist bei EU-rechtlichen Vorgaben zu Waffenexporten ein großes Problem. Hier streiten auch in Deutschland die Parteien, ein Großteil von ihnen ist für die Stützung der Waffenexportwirtschaft, DIE LINKE recht allein auf weiter Flur mit ihrer ablehnenden Haltung dazu. So fehlen im Parlament die entsprechenden Mehrheiten gegen die Waffenexporte – und jede Waffe findet nach wie vor ihren Krieg.

Das Stichwort Klimawandel fiel natürlich auch. Helmut Scholz machte klar, dass der CO2-Ausstoß massiv gesenkt werden müsse, auch Deutschland hat hier bei den Abgasreduktionen einen großen Beitrag zu leisten, Beispiel Autoindustrie. Nach den Kosten der Umstellung gefragt, wurde klargestellt, dass die Gesellschaft und Politik die Not zum Handeln erkennen und Prioritäten setzen müsse. Das beinhaltet, die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben zu machen, die dann durch die Wirtschaft umzusetzen seien. Denn die Politik macht die Gesetze, nicht die Wirtschaft!

Und wie konnte es anders sein? US-Präsident Trump spielte in den Gedanken der Jugendlichen auch eine Rolle. Nach seiner Meinung zum Austritt Trumps aus dem Pariser Klimaschutzabkommen befragt, machte Helmut Scholz deutlich, dass mit dem Abkommen erstmals ein Papier mit einer internationalen Strategie gegen den Klimawandel vorhanden war und die USA allein aus nationalem Interesse ebenjenes aufgekündigt hätten. Daher sei deren Austritt natürlich falsch! Die Leugnung des Klimawandels bzw. die Ablehnung von wissenschaftlichen Belegen überhaupt macht eine sachliche Auseinandersetzung jedoch schwierig. Dabei sei aber Präsident Trump nicht das alleinige Problem sondern vielmehr die Politik, die Ideologie, die dahinter stünde.

Diskutieren können hätte man noch viel länger – allein, die Unterrichtsstunde war leider zu Ende.