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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 44, 4. Februar 2022
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vielleicht sitzen Sie zu jener Zeit, in der dieser Newsletter bei Ihnen im elektronischen Postfach „zugestellt“ wird, gerade vor dem Fernseher und verfolgen die ersten Übertragungen von den Olympischen Winterspielen aus Peking. Sportliche und spannende Wettbewerbe sind zu erwarten, gerade auch angesichts der besondere Bedingungen schaffenden Corona-Situation und der seit langem verfolgten Null-Toleranz-Strategie in China. Sicher sind auch beeindruckende Bilder, wenn auch vielleicht kaum Schnee auf den Bergen vor und in Beijing selbst, zu sehen. All das sollte uns weder hindern, eher jedoch anregen, über die Zukunft solcher sportlichen Großereignisse grundsätzlicher nachzudenken. 

Nein, ich meine jetzt nicht die politische Diskussion um den Austragungsort Peking und China oder die Boykottaufrufe, deren Motive leicht zu durchschauen sind. Wie Sie wissen, setze ich auf ernsthaften, in der Sache durchaus auch harten und faktenbasierten Dialog, zu grundlegenden Streitpunkten auch in der bilateralen Zusammenarbeit. Zu sehr unterschiedlichen Positionen über gesellschaftliche Entwicklungswege, einschließlich der Anerkennung und Umsetzung international anerkannter und national verbriefter sozialer und politischer Menschenrechte, das Garantieren  anerkannter völkerrechtlicher Prinzipien. Dabei Lösungen zu finden, die nicht auf Schlagabtausch, Konfrontation und gegenseitige Strafmaßnahmen als das Maß der Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen und Sichtweisen setzen, erfordert von allen Seiten, im Bewusstsein um die sich unter  verändernden wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen schnell ändernden individuellen und kulturellen Wertvorstellungen und Visionen, eine bekennende Offenheit und die Bereitschaft zum Dialog. Boykotte, die weder in der Vergangenheit noch heute Veränderungen „erzwingen“, halte ich für ungeeignet. 

Mich bewegt im Zusammenhang Olympia 2022 jedoch die Frage, wie weit wir Klima und Natur die teils riesigen Eingriffe zumuten können, die gerade auch mit solchen sportlichen (und anderen) Groß-Ereignissen verbunden sind und deren immer gewaltigere Dimensionen - maßgeblich mitbestimmt von den Einschaltquoten amerikanischer Fernsehsender und der Profitmaschinerie IOC. 
Ob es nun Sprungschanzen oder Beschneiungssysteme für Winterspiele sind (bereits jetzt belegen Studien, dass es künftig nur noch vereinzelt Regionen geben wird, in denen selbst mit umfassendster technischer Hilfe die Spiele ausgerichtet werden können), oder gigantische klimatisierte Fußballstadien, wie sie zudem noch unter katastrophalen Arbeitsbedingungen für die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar errichtet werden. Nachzudenken vielleicht, was Coubertin eigentlich mit seinem neuzeitlichen Olympischen Gedanken der Völkerverständigung und des friedlichen und fairen sportlichen Wettstreits meinte mit dem Prinzip “Höher, schneller, weiter!”. 

Verstehen Sie mich nicht falsch: Sport und Spiele sollen und müssen bleiben, auch Olympia und internationale Meisterschaften, auf die ich mich selbst freue. Sie sind nicht nur ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens, sondern bleiben das auch als möglicher Beitrag zur Völkerverständigung. Aber das Wie dieser Wettbewerbe muss dabei dringlichst neu ausgerichtet werden - und wir alle sollten uns - auch mit der Erfahrung der Pandemie -  in diese Debatte aktiv einbringen. 

Um die Themen Klima- und Umweltschutz geht es bekanntlich auch in den Bürger*innenforen der EU-Zukunftskonferenz, die europäische Institutionen, Zivilgesellschaft, nationale Politik und Bürger*innen in einen Diskussionsprozess zusammenbringt. Wie Sie vielleicht gelesen haben, liegen für zwei von insgesamt vier Foren, in denen die Bürger*innen ihre Vorschläge zu den insgesamt neun großen Themen erarbeiten, die Berichte mit Empfehlungen für Folgemaßnahmen der EU-Institutionen vor. Nun stehen noch weitere Debatten zu den Komplexen „Die EU in der Welt/Migration“ und „Stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, Bildung, Kultur, Jugend, Digitales und Sport“ an. Ob bei letzterem das Thema Olympia diskutiert wird? Ich werde es als Teilnehmer der Plenarkonferenzen sicher erfahren, denn dort liegen die Vorschläge aus den Bürger*innenforen auf dem Tisch.

Dabei will ich an dieser Stelle nicht verschweigen, dass es neben der Auswertung der Bürger*innen-Foren in der Plenarkonferenz noch eine Reihe von „Hausarbeiten“ zu erledigen gibt. So ist immer noch nicht sichergestellt, dass in den Bürger*innen-Versammlungen marginalisierte Communities – wie Menschen ohne EU-Pass, rassistisch diskriminierte oder nichtbinäre Personen – gerecht vertreten sind. Auf dieses Manko hatten Nichtregierungsorganisationen mehrfach hingewiesen. Dazu nur soviel: Ich werde mich sowohl im Vorstand der Zukunftskonferenz wie auch in der Plenarkonferenz selbst sehr nachdrücklich für die Lösung dieses Problems einsetzen.

In der kommenden Woche sollte es aber erst einmal für ein paar Tage nach Marseille gehen: unsere Linksfraktion der 44 Abgeordneten aus zwölf Ländern führt unsere halbjährlichen Studientage jeweils in dem Mitgliedsstaat durch, das die EU-Ratspräsidentschaft inne hat. So können wir uns direkt vor Ort über die Lage im Land und das Programm der Präsidentschaft informieren. Sicher wird in Marseille auch über die Zukunftskonferenz gesprochen werden, die Frankreichs Präsident Macron kurz vor den Präsidentschaftswahlen, zu denen er erneut antritt, feierlich beenden will – Honni soit qui mal y pense. Und weil dieses Aufgabengebiet arbeitsmäßig nun mal gerade ganz oben auch auf der Agenda steht  - denn es verbleiben nur drei Plenarkonferenzveranstaltungen im März und April, verschiedenste Arbeitsgruppenberatungen und viel Kleinarbeit, werde ich mir wohl von Marseille nur berichten lassen körnen - statt dessen geht es wieder nach Brüssel. Mit einer ordentlichen Sitzung des Konstitutionellen Ausschusses (AFCO) und weiteren Agendapunkten. Dazu wie immer unten mehr. 

Ihr

Helmut Scholz

07.-10. Februar: Studientage der Linksfraktion in Marseille

Für einen Zeitraum von sechs Monaten hat immer jeweils ein EU-Mitgliedstaat die EU-Ratspräsidentschaft inne und kann damit eigene Schwerpunkte in der politischen Ausrichtung der EU festlegen und Initiativen anstoßen. In diesem Halbjahr liegt die EU-Ratspräsidentschaft bei Frankreich.

Die Fraktion THE LEFT führt ihre Studientage zweimal im Jahr durch – und wir streben an, dies auch in dem Land zu realisieren, das die Ratspräsidentschaft innehat. So soll es kommende Woche nach Marseille gehen, um drei Tage lang intensiv zu beraten. Angesichts des derzeit stattfindenden Wahlkampfes – in Frankreich wird im April gewählt – ist sicherlich ein Austausch mit unseren linken Kolleg*innen von La France Insoumise besonders spannend. Denn die Heterogenität der französischen Linken ist ja durch die jüngste von Aktivist*innen angestoßene “Vorwahl” als Versuch der Bündelung linker Kandidat*innen auch medial “hierzulande “ in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Wie können die breite Linke und Grünen gegen Amtsinhaber Macron und den Kandidat*innen der Rechten eine aussichtsreiche Kandidatur entgegensetzen?

Aber das ist natürlich nicht das einzige Thema und den Begegnungen mit Fachleuten und Aktivist*innen vor Ort. Gerade im sozialen Brennpunkt Marseille. So wird sich unsere Fraktion mit den schlechten Arbeitsbedingungen und der fehlenden sozialen Absicherung der Plattform-Arbeiter*innen auseinandersetzen.

Um einen besseren Einblick auch außerhalb des Parlaments zu erhalten, steht ein Besuch einer Tee-Fabrik an, wo wir uns mit den Mitgliedern der dortigen Kooperative austauschen. Im Jahr 2010 wollte das Unternehmen Unilever die Fabrik schließen, was durch einen Streik über 1.336 Tage hinweg abgewehrt werden konnte. Und die Arbeiter*innen daraufhin eine Kooperative gründeten.

Zudem werden wir diskutieren, wie die Klimakrise sozial gerecht bekämpft werden kann. Dabei geht es unter anderem auch darum, wie die derzeit rasant steigende Energiearmut und die Obdachlosigkeit gestoppt werden können.

Dieses Mal kann ich leider nicht - durch andere Arbeitsherausforderungen in Brüssel vor dem EU-Afrika-Gipfel in der darauffolgenden Woche in Paris sowie der Zukunftskonferenz - an den Studientagen teilnehmen. Ich bin aber gespannt, welche Handlungsempfehlungen sich aus den Debatten für uns als Linksfraktion ergeben werden.

9. Februar: Treffen der EP-Delegation der Zukunftskonferenz

Am Mittwochnachmittag nehme ich an dem Treffen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente teil. Da sich die Zukunftskonferenz langsam dem Ende nähert, müssen wir dringend besprechen, wie wir mit den Ergebnissen und Empfehlungen der verschiedenen Bürgerpanels umgehen.

Uns Abgeordneten ist außerordentlich wichtig, dass wir die Empfehlungen angemessen analysieren, beantworten und in konkrete politische Aktionen übersetzen. Wir schließen auch Vertragsänderungen nicht aus.

Die Absprachen am Mittwoch sind deswegen so wichtig, da wir als einzige demokratisch gewählte Vertreter*innen der EU-Bevölkerung mit unseren Sozialpartner*innen und der organisierten Zivilgesellschaft mit diesen Forderungen allein da stehen. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten blockieren nach wie vor einen bedeutungsvollen Umgang mit den Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger und wollen auch nicht an die EU-Verträge ran.

Hier können Sie die Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger zu den Themen "Europäische Demokratie / Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit" und "Klimawandel, Umwelt / Gesundheit" nachlesen.

9. Februar: Workshop zu den Handelsbeziehungen EU - Nordafrika

Ich gebe mir Mühe, im Rahmen meines Berichts zu den Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen EU und dem Afrikanischen Kontinent die Perspektiven und Vorschläge aus den Regionen Afrikas stärker in Europa Gehör zu verschaffen, als das bislang der Fall war.

Gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und ihren Büros in Afrika und Brüssel organisiere ich dafür vier Workshops mit Fokus auf die Situation in jeweils einer der Regionen Afrikas.

Ost- und Westafrika wurden in den letzten Wochen schon behandelt, nun steht Nordafrika auf dem Programm. Als geplante Referent*innen sind dieses Mal dabei:

  • Maha Ben Gadha (Rosa-Luxemburg-Stiftung Tunis),
  • Dr. Saker El Nour (Postdoktorand, Global Scholarly Dialogue Program der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Freie Universität Berlin) und
  • Eng Mansur Ahmed (Vorsitzender der Pan African Manufacturers Association (PAMA)).

Zur Stellungnahme sind eingeladen:

  • Emmanuel Maurel, Mitglied des Eeuropäischen Parlaments, ständiger Berichterstatter für die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Tunesien im Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments
  • Kathleen van Brempt, Mitglied des Europäischen Parlaments, ständige Berichterstatterin für die Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Maghreb im Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments

Hier können Sie dabei sein: https://zoom.us/j/91043539087

10. Februar: Die EU als demokratisches Konstrukt

Am Donnerstagvormittag tagt wieder der Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO).

Auf der Tagesordnung steht diesmal unter anderem die öffentliche Anhörung „die EU als demokratisches Konstrukt“. Diese Anhörung wird sich auf die Fragen der Legitimität und Rechenschaftspflicht demokratischer Institutionen konzentrieren, wobei der Schwerpunkt auf der derzeitigen institutionellen Architektur der EU liegt. Dabei wird auf die laufende Diskussion im Rahmen der Konferenz über die Zukunft Europas zu diesem Thema Bezug genommen.

Ein weiterer Schwerpunkt wird die Rolle der Bürger*innen, der lokalen und regionalen Institutionen sowie der Jugend im Entscheidungsprozess der EU sein.

Um uns AFCO-Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, mit akademischen Expert*innen zu diskutieren, hat der Ausschuss folgende Personen eingeladen:

  • Prof. Gavin Barrett, University College Dublin, Sutherland School of Law
  • Ph.D., D.Litt. Magdalena Bainczyk, Professorin an der Andrzej-Frycz-Modrzewski-Universität Krakau und Chefanalystin am Institut für westliche Angelegenheiten in Poznań
  • Herr Frédéric Piccavet, Vizepräsident des Europäischen Jugendforums, Brüssel.

Interesse dabei zu sein? Sie können die Anhörung hier ab 9:15 Uhr live mitverfolgen.

Weitere Themen des Ausschusses sind Aussprachen zu den Stellungnahmen „Bessere Rechtsetzung: Mit vereinten Kräften zu besseren Gesetzen“ und „Leitlinien für den Haushaltsplan 2023 - Einzelplan III“.

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