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Nach dem Wahljahr 2019 – Europäische Perspektiven für die Region

29.11.2019
Felix Thier
Helmut Scholz (l.) während seines Beitrages zur Debatte.

In diesem Jahr wurde viel gewählt: Im Mai das Europäische Parlament, es folgten der polnische Sejm und der Brandenburger Landtag. Anlass genug, um einmal über die (europäischen) Perspektiven für unsere Region zu debattieren. Daher traf man sich auf Einladung des EUROPE DIRECT Informationszentrums Guben am 29. November in Zentrum der Euroregion Spree-Neiße-Bober – in Guben.

Ungefähr 60 Interessiere aus Deutschland und Polen waren an dem Abend zu Gast.

Auf dem Podium diskutierten Czeslaw Fiedorowicz, Vorstandsvorsitzender der Euroregion, der CDU-Landtagsabgeordnete Julian Brüning und Helmut Scholz (DIE LINKE), Mitglied des Europäischen Parlaments.

Helmut Scholz resümierte, dass die letzten Wahlen als allererstes einmal eine gestiegene Wahlbeteiligung hervorbrachten. Das sei gut, zeige aber auch eine gestiegene Erwartungshaltung durch die Wählenden. Allgemein ließe sich festhalten, dass Regierungsbildungen schwerer geworden, Mehrheiten und Ergebnisse schwieriger zu finden seien.

Erkenntnis müsse aber auch sein, dass man aus den Regionen nicht (nur) Erwartungen an die EU stellen und haben dürfe – wir alle seien ein Teil und über all die EU! Alle Ebenen, von kommunal bis national, würden ihren Teil zum Gelingen und Wirken der EU beitragen. Daher seien auch entsprechende Erwartungen an all diese Ebenen zu richten, so Scholz. Auch ein Landes- oder Bundespolitiker könne und müsse Wünsche und Erfordernisse aus den Regionen nach Brüssel, auf die europäische Ebene, kommunizieren. Dafür seien alle Abgeordneten gewählt!

Da es an diesem Abend um die Folgen und Auswirkungen der EU-Politik auf die Regionen ging, wurde man mit negativen wie positiven Punkten konkret: Natürlich werde durch den Brexit jede Ware bei einem Grenzübertritt bzw. Handel EU-Großbritannien teurer. Und gut sei, dass im Zuge des britischen EU-Austritts die Austrittsbestrebungen bestimmter politischer Kräfte anderer Mitgliedsstaaten deutlich leiser geworden seien. Für Helmut Scholz ist jedoch klar, dass, insbesondere mit Blick auf das britische Verständnis dazu, die EU mehr als nur ein großer Binnenmarkt zum Handeln sei. Wer EU-Rechte und Pflichten auf supranationaler Ebene zubilligt und schafft, der muss auch bereit sein, Regelungskompetenzen von der nationalen auf die EU-Ebene abzugeben.

In diesem Zusammenhang sei aber auch mit einem Missverständnis bei Fördergeldern aufzuräumen, so der Europaparlamentarier: Die EU stelle die Mittel/ Fördertöpfe bereit – also eine finanzielle Summe X - und gebe den Rahmen vor, beispielsweise Verkehr. Die nationalen Regierungen, in diesem Fall also die Bundesregierung bzw. Landesregierung in Brandenburg, entscheiden dann, wo und für welche konkreten Dinge die Gelder fließen würden. Wenn die Bahn also nicht (mehr) fährt, sei es zu billig, auf die EU zu verweisen und nach mehr Geld zu rufen. Zum einen sei nämlich ggf. in der Verteilung bzw. den nationalen Prioritäten etwas zu ändern. Zum anderen aber auch die Frage legitim, ob denn die nationalen Regierungen bereit seien, mehr Geld in die EU für den gemeinsamen Haushalt zu überweisen. Mehr Geld im Topf bedeute auch mehr Optionen bei der Verteilung. Aber momentan sei für die deutsche Regierung ja schon 1% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die EU ein schmerzhafter Wert, so Helmut Scholz. Andererseits kommen offenbar 2% des BIP für die NATO, und damit Militär, recht zügig und bereitwillig zusammen. Die Frage sei also, so der Abgeordnete, ob man für Neues/ Innovatives und den Strukturwandel in Lausitz und Co., oder für Militär Geld ausgebe. Wohin wollen die Bürgerinnen und Bürger also ihr Steuergeld fließen sehen? Hier seien klare Erwartungshaltungen an die Politikerinnen und Politiker zu adressieren!

Und statt in Grenzsicherung und Verhinderung von Fluchtwegen zu investieren, sollte man zielgerichtet die Zukunft der bald 2,5 Mrd. Menschen in Afrika sichern, ihnen eine Zukunftsperspektive geben, ihre Lebensräume und –grundlagen durch Verhinderung des Klimawandels schützen und sie so gar nicht erst zu Geflüchteten werden lassen!

Ferner könne die EU nur weiter zusammenwachsen und für das gemeinsame Projekt wirken, wenn die Nationalstaaten bzw. die Bürgerinnen und Bürger positives mit der EU verbinden. Also keine Spardiktate aus Brüssel, kein Ausverkauf der heimischen Wirtschaft, Verbesserung ihres Alltags, nicht Verschlechterung.

Um diese Zusammenhänge zu verstehen und mündig zu entscheiden, müssen alle Bürgerinnen und Bürger dazu in einer entsprechenden gesellschaftlichen Atmosphäre befähigt sein. Dazu sei es ebenso wichtig, dass die Parteien die gesellschaftlichen Herausforderungen beantworten und Lösungen anböten. Stichwort Klimawandel - werden die Probleme erkannt oder geleugnet? Ist die Debattenatmosphäre und Kultur vergiftet oder lassen sich durch Dialog Argumente austauschen und Positionen korrigieren?

Und zu guter Letzt: wer die EU ablehne, der solle sagen, was die Alternative sei bzw. dann käme! Das Ende der Europäischen Union ist Egoismus.

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