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Zukunft EU – Bürger*inneninteressen einbinden

18.02.2021

Im Dialog mit Bürger*innen bei den HausParlamenten von Pulse of Europe

Gemeinsam mit Martin Schirdewan bestritt ich am Dienstagabend das abschließende Webinar der dritten Runde der von Pulse of Europe durchgeführten „HausParlamente“.

Von September bis November 2020 haben gut 1.000 Europäer*innen in zwölf Ländern im Rahmen dieses Bürger*innendialogs über ihre Sichten und Wünsche an die EU gesprochen und konkret Fragen und Erwartungen zur Rolle von Solidarität in der EU-Politik formuliert. Gemeinsam mit anderen EU-Politiker*innen unterstütze ich diese Graswurzel-Bürgerbeteiligung und diskutierte nun die Ergebnisse mit interessierten Bürger*innen.

Übergreifende Frage war, wie wir gemeinsam europäische Solidarität voranbringen können, wie diese konkret aussehen kann und wo Grenzen ihrer Umsetzsoung in tagespolitischer Aktualität liegen. Die drei Aspekte Sozialpolitik, Klimapolitik und finanzielle Krisenhilfe wurden dabei besonders in den Blick genommen.

Martin und ich waren uns einig:

Gemeinsame Sozialpolitik ist die zentrale Frage, wenn wir über die EU sprechen. Ein gemeinsamer Markt muss sozial untersetzt sein, wenn die EU mehr sein soll als nur die Verortung marktliberalen Wettbewerbs. Genau dies wollen die vielen Bürger*innen, die sich sehr konkret an den Hausparlamenten beteiligten: 91% für mehr gemeinschaftliche Solidarität und Zusammenarbeit in allen Lebensbereichen der EU. Deswegen fordert DIE LINKE: Die EU muss sozial sein, sonst wird sie nicht sein. Daher befürwortet sie jegliche Schritte in Richtung gemeinsamer sozialer Standards, wie bspw. eine EU-Arbeitslosenversicherung oder einen EU-weiten Mindestlohn, um soziale Gerechtigkeit zu erreichen.

Viele Facetten und Grundfragen an zukunftsfähige EU-Politik lassen sich nur (noch) international und in der Komplexität ihrer Zusammenhänge lösen. Krieg und Frieden, Durchsetzung von Menschenrechten, Klima- und Umweltpolitik oder auch Gesundheitspolitik und Daseinsvorsorge.

Gerade im Gesundheitsbereich sind eine europäische Koordination und neue gemeinschaftliche Antworten dringend notwendig, was uns derzeit insbesondere der Kampf gegen die Covid-19 Pandemie deutlich vor Augen führt. Öffentliche Daseinsvorsorge muss ausreichend finanziert werden, die seit Jahren gerade von der EU rigide vorangetriebene Austeritätspolitik muss beendet und der Ökonomisierung öffentlicher Güter entgegengewirkt werden. Auf EU-Ebene sind ebenso Weichen umzustellen wie im Grundsatz die von den 27 Mitgliedstaaten verfolgte Gesundheitspolitik vom Kopf auf die Beine gestellt gehört.  

Mit Blick auf den dringend notwendigen Klimaschutz hat die Kommission sich nach langem Ringen mit EU-Rat (weniger ambitionierte) und Europaparlament (knapp mehrheitlich höhere Ziele anpeilend) auf eine Einsparung der CO2-Emissionen um 55% geeinigt. Dabei wissen wir: Gebraucht wird dringend eine Reduzierung um 65-70% um das gesetzte Klimaziel von 1,5 Grad zu erreichen. Es bleibt also enormer Handlungsbedarf, um schnellstmöglich nachzusteuern. Die EU ist als drittgrößter Emittent weltweit für ca. 10% des globalen Emissionsausstoßes verantwortlich und damit besteht die Aufgabe aktiv und zugleich in engem Zusammenwirken mit anderen Staaten viel entschiedener die Wende in Klimaschutz zu vollziehen. Dazu gehört das bewusste Umsteuern in Richtung sozial-ökologischen Umbaus von Wirtschaft und gesellschaftlichen Strukturen, um Nachhaltigkeit in diversen Teilsektoren wie beispielsweise Industriepolitik 4.0, Mobilität, Agrar- und Nahrungsmittelproduktion (nachhaltige Landwirtschaft), Bauen (energetische Gebäudesanierung) und vielen anderen Bereichen durchzusetzen.

In der Debatte haben wir beispielhaft auf den Zusammenhang der Gesetzesinitiativen des Europäischen Parlaments für ein Lieferkettengesetz sowie einen verbindlichen CO2-Grenzausgleichmechanismus verwiesen. Auch die Notwendigkeit konkreter Investitionen in Strukturwandel hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die EU-weit auch Arbeitsplatzsicherung sowie den Einsatz regenerativer Energieerzeugung ermöglichen kann und ressourcenschonende Produktion ermöglicht, gehört in die politische Verantwortung sowohl der EU insgesamt wie der einzelnen 27 Mitgliedstaaten und dezentraler Entscheidungsebenen.

Ein Dank an Pulse of Europe und die zahlreichen Bürger*innen für diesen wichtigen und produktiven Austausch. Ja, und natürlich wurde auch der Bogen zu den hohen Erwartungen vieler an ernsthafte Bürger*innenbeteiligung gespannt. Ein regelmäßiger Austausch mit Bürger*innen ist lebenswichtig zur Bewahrung der Idee eines friedlichen Zusammenlebens der Menschen auf dem europäischen Kontinent. Dazu gehört die ernsthafte baldige Inangriffnahme der zugesagten Konferenz zur Zukunft der EU als ernsthafter Diskurs darüber, wie europäische Integration im 21. Jahrhundert im Interesse aller in der EU lebender Menschen funktionieren muss. Sie muss endlich in diesem Jahr starten. Parlament, Rat und Kommission müssen gemeinsam den überfälligen Startschuss geben und dabei von vornherein deutlich machen: die zweijährige Zukunftskonferenz wird mit konkreten Schlussfolgerungen und Vorschlägen enden, die wiederum in einen konkreten Folgeprozess noch in dieser Legislaturperiode münden. Unser demokratisches Gemeinwesen – auch die EU – lebt von der Einbindung der Bürger*innen; sie sind ernst zu nehmen, aktiv einzubeziehen und von Politik in die Entscheidungsprozesse einzubinden. 

Wenn uns das in den nächsten Jahren viel mehr gelingt, wird in 10 Jahren die EU mehr sein als nur eine Wirtschafts- und Währungsunion, sondern auch eine funktionierende Sozial- und Umweltunion sein können.

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