LNG-Terminal vor Rügen: Bundesregierung produziert Überkapazitäten zu Lasten der Umwelt – EU-Kommission bleibt tatenlos

03.03.2023

Im Mai 2022 brachte die Bundesregierung ein Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz - LNGG) auf den Weg, um zügig eine LNG-Infrastruktur alternativ zum Erdgas aufzubauen. Ziel sollte sein, der Abhängigkeit von russischem Gas entgegenzuwirken. Geplant ist in diesem Rahmen auch ein LNG-Terminal vor der Insel Rügen, gegen das sich nun starker Widerstand von regionaler Politik und Wirtschaft, Umweltverbänden, sowie weiten Teilen der Bevölkerung regt.

Hierzu erklärt Helmut Scholz, Mitglied von DIE LINKE im Europäische Parlament, seit Jahren auch Ansprechpartner für Mecklenburg-Vorpommern:

„Die Abkehr von Erdgas als fossilem Energieträger ist ein richtiger und dringend notwendiger Schritt, gerade auch aus vorranging aus Russland importierten Mengen um aus der Abhängigkeit anderer Staaten zu kommen. Es ist vor allem aber notwendig, um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Die Diversifizierung von Gasimporten ist das eine, aber die Umstellung auf LNG in solch hohen Mengen, wie von der Bundesregierung geplant, unterläuft das eigentliche Ziel dieses Anliegens. Die mit dem Beschleunigungsgesetz bekräftigten wirtschaftspolitischen Schwerpunktsetzungen konterkarieren umweltpolitische Aspekte: Eine normalerweise durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor Planung solcher Vorhaben wird außer Kraft gesetzt. Deshalb muss auf EU-Ebene nachgebessert werden: Die EU-Richtlinie, die die UVP regelt, aber Ausnahmen gewährt, ist klar und eindeutig zu schärfen – Klimaschutz ist zum verpflichtenden Standard bei jeglichen in die Umwelt eingreifenden Infrastrukturmaßnahmen zu machen.“

Helmut Scholz weiter: „Auch gesamtvolkswirtschaftliche Abwägungsprozesse im Rahmen einer stark vom Tourismus abhängigen betroffenen Region scheinen im Fall der geplanten Ostsee-LNG-Terminals missachtet zu sein. Der Schaden für die lokale Wirtschaft auf Rügen und all jene Menschen, die von dieser leben, wird nur schwer rückgängig zu machen sein.“

„Ich fordere die EU-Kommission auf, ihre Position zu den von der Bundesregierung vorgelegten Gründen für die Aussetzung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Errichtung der LNG-Terminals deutlich und argumentativ zu benennen und öffentlich zugänglich zu machen“, so der Abgeordnete.

„Gerade bei den jüngst angekündigten und planerisch intensiv vorangetriebenen LNG-Terminals, wie dem vor der Insel Rügen, sind EU-Kommission und Bundesregierung gefordert, die massiven Eingriffe in das Ökosystem des Ostseeraums zu begründen. Denn mittlerweile verweisen Studien darauf, dass die geplanten Terminals zu einer Überkapazität an LNG führen werden und die schon heute höchst sensible Ökosystembalance in der Region durch die Verlegung notwendiger neuer Pipelines durch den Greifswalder Bodden zerstört werden dürfte. Ebenso ist Polen in die UVP einzubeziehen, da das von RWE geplante Terminal in gerade mal 60 km Luftlinie von der polnischen Grenze liegen wird.

Solange alle diese Aspekte nicht geklärt sind, bzw. keine tiefergehende Prüfung der Auswirkungen auf Umwelt und Menschen vor Ort stattgefunden hat, sind weitere Planungen zum LNG-Terminal vor Rügen zu stoppen“

Symbolfoto: Pixabay