Keine neuen Gräben ausheben

Vor einem Jahrzehnt traten zehn Staaten der Europäischen Union bei – darunter acht Länder aus Osteuropa.

02.05.2014

Die deutsche und europäische Linke habe sich stets für eine Überwindung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Spaltung Europas eingesetzt, so der Abgeordnete weiter. „Die praktisch unabgefederte Übernahme des sogenannten gemeinsamen Besitzstandes führte jedoch zur weitgehenden Zerschlagung des Wirtschafts- und Sozialsystems der Beitrittsstaaten – nicht zuletzt im Interesse von Konzernen und Unternehmen aus Westeuropa, die auf diesem Wege Konkurrenten ausschalteten und sich Märkte sicherten. Die Verwerfungen sind bis heute nicht beseitigt. Und wenn viele der Beitrittsländer auch nach Jahren scharfer Austeritätspolitik heute durchaus positive Wirtschaftsdaten aufweisen, hat dies zu einer weiteren Aufspaltung der Gesellschaften in Arm und Reich und wachsender Polarisierungen geführt. Die einstige Begeisterung für Europa ist heute einer prognostizierten Wahlbeteiligung an den Europawahlen von gerade mal 20-30 % gewichen. Wenn die Folgen der jüngsten Krise für die Menschen in den osteuropäischen Mitgliedsländern ähnlich dramatisch sind wie in den südeuropäischen Staaten, ist dies auch eine Konsequenz des Anpassungsprozesses. Gerade vor diesem Hintergrund ist ein grundlegender Kurswechsel in der Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU nötig.“

„Die Spaltung Europas zu überwinden heißt aber auch, keine neuen Gräben auszuheben“, betonte Helmut Scholz. „Die dramatische Entwicklung in der Ukraine macht es deutlich: Wir brauchen keinen Kraftmeier, sondern Dialog. 25 Jahre nach dem Mauerfall und zehn Jahre nach der größten EU-Erweiterungsrunde müssen wir hinsichtlich der östlichen und südlichen Nachbarschaft dringend einen Kurswechsel durchsetzen, der auf die Entwicklung einer gesamteuropäischen Struktur für strategische und ökonomische Kooperation unter Einbeziehung und in Partnerschaft mit der Russischen Föderation abzielt. Die auch in der jüngsten Krise immer wieder bedienten Feindbilder von Moskau widersprechen nicht nur der Realität, sondern führen die mögliche und notwendige Partnerschaft mit Russland ad absurdum. Die eigene Geschichte der EU vermittelt diese Lehre.“

„Die Spaltungen in Europa nicht mehr so sehr in Ost und West, sondern vielmehr in Arm und Reich müssen überwunden werden, sonst wird es kein gemeinsames Europa geben", stellt Scholz mit Blick in die heutigen, von dramatischer Jugendarbeitslosigkeit gekennzeichnete südeuropäischen EU- Mitgliedstaaten fest. " Dazu braucht es eine Wirtschafts- und Sozialunion in Europa, die die Interessen der Menschen und nicht jene der Banken und Konzerne in den Mittelpunkt stellt, sowie eine Nachbarschaftspolitik in Richtung Osten, die diesen Namen auch verdient.“

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