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Rückfall in Konfrontationsmuster des Kalten Kriegs

Die EU und ihre Mitglieder sollten ihr objektives Interesse an guten Beziehungen zu Russland thematisieren statt Sanktionen zu beschließen

30.07.2014
Ukraine, Russland

Erstens stellt die Auferlegung von Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation im Rahmen des andauernden inner-ukrainischen Krieges im Ostteil des Landes eine eigenwillige Interpretation bisher entwickelter und vereinbarter völkerrechtlicher Normen dar. Einen Staat für – tragische und in hochkomplexe, historische und aktuell-politische verhaftete - Vorgänge in einem anderen zu „bestrafen“, sucht seinesgleichen in der Geschichte der internationalen Beziehungen. Das wird auch nicht durch den ebenso völkerrechtlich nicht gedeckten Beitritt der Krim zur Russischen Föderation entschuldbarer. Mehr noch: Die in Brüssel erklärte Absicht, Moskau „zum Handeln zu zwingen“, ist eine faktische Aufforderung zur Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Länder. Übrigens ohne jegliches Mandat der UNO, die allein über friedenserzwingende Maßnahmen entscheiden könnte. Warum gibt es keine entsprechenden Diskussionen im UN-Sicherheitsrat? Zumal viele der jetzt in dem Konflikt agierenden Seiten zu den Gründungsstaaten der UNO gehören: die Russische Föderation, die Ukraine, die USA, für die EU die Mitgliedstaaten Frankreich und Großbritannien.

Zweitens unterstützt die EU damit trotz aufkommender Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Aktion immer bedingungsloser die politischen Ziele der US-Administration. Diese ist offensichtlich weniger an einer Entspannung der Situation und damit der Beendigung des Blutvergießens interessiert als an einem mittel- und langfristigen Ausschluss Russlands aus dem Kreis relevanter internationaler Akteure und will sich so einer gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt entledigen. Bekanntlich haben die USA allein in den letzten Jahrzehnten immer wieder zu militärischen Mitteln gegriffen, um eigene politische und wirtschaftliche Ziele weltweit durchzusetzen. Washington geht es keineswegs um eine Eindämmung der Konflikte in der Ukraine, mit dem seit Monaten andauernden Agieren auch von Militärberatern für die ukrainischen Regierungen, mit Lieferungen militärischen Materials, also von "dual use"-Erzeugnissen und dem vorangetriebenen Nachdenken über das NATO-Agieren in dem Land. Vielmehr soll wohl mit einem wirtschafts- und finanzpolitischem Instrumentarium nicht nur Russland vom Weltmarkt gedrängt und in die Knie gezwungen werden, sondern zugleich auch mit der stärkeren Einbindung der EU deren wirtschaftliche und finanzielle Belastung für die Unterstützung der US-Strategie vergrößert werden. Gerade die europäischen Energie-, und Öl- und Gasgeschäfte sollen hier getroffen und neu geordnet werden. Vergessen scheint die Notwendigkeit, auch mit der Russischen Föderation eine gemeinsame Verantwortung für nachhaltige Energieerzeugung, Diversifizierung der Rohstoffzufuhren und Entwicklung neuer Technologien zu übernehmen und gleichberechtigt entsprechende Potentiale aufzubauen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten vielmehr ihr objektives Interesse an guten Beziehungen zu Russland thematisieren und in entsprechenden politischen Aktivitäten für eine Lösung der Konflikte und für die eigene soziale und wirtschaftlichen Entwicklung nutzbringend einsetzen.

Drittens zeigen insbesondere die Beschränkungen der Rüstungsgeschäfte die Janusköpfigkeit europäischer Politik: Während Russland, immerhin zweitgrößter Waffenexporteur der Welt nach den USA, von EU-Exporten militärischer Güter abgeschnitten werden soll, erhält die Kiewer Regierung weiter Waffen aus Westeuropa. Und dabei ist nicht zu vergessen: Die Donbass-Region ist eine der Hochburgen des ukrainisch militärisch-industriellen Komplexes mit starker bisheriger Abhängigkeit vom russischen Markt. Und zugleich liegen dort die größten Gas- und Ölschiefer-Gebiete der Ukraine, die von amerikanischen Unternehmen mit neuen, u.a. Fracking-Methoden gefördert werden sollen. Einzige sinnvolle Alternative wäre es daher, jegliche Rüstungslieferungen in Krisengebiete sofort und umfassend zu unterbinden.

Die Sanktionen sind keine Neuauflage des Kalten Kriegs, aber von ähnlichen Konfrontationsmustern bestimmt. Angestrebt wird die politische und wirtschaftliche Unterordnung eines eigenständigen Akteurs in der Weltwirtschaft. Ein gefährliches Muster für die Entwicklung und Ausgestaltung der künftigen geopolitischen Beziehungen von EU, USA, Russischer Föderation und anderen, z.B. den BRICS-Staaten. Von einer Partnerschaft zu Russland, von der in Sonntagsreden westlicher Politiker gern gesprochen wird, ist keine Rede mehr.

Gerade ein konstruktives Verhältnis zu Moskau und dessen faire Einbeziehung – ebenso wie die aller Konfliktparteien – in eine politische Lösung sind jedoch notwendig . Denn eines ist offensichtlich: Die einseitige Parteinahme der USA und der EU für den Kurs der Führung in Kiew haben zur Eskalation und nicht zur Entspannung der Situation beigetragen.

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