Iran: Eskalation der Lage für niemanden von Interesse

18.06.2009

Zur Lage im Iran nach den Präsidentenwahlen vom 12. Juni erklärt Helmut Scholz, Mitglied des Parteivorstandes der LINKEN und des Vorstandes der Partei der Europäischen Linken:

DIE LINKE verurteilt auf das Schärfste die Verhaftungen und brutalen Misshandlungen von Demonstrantinnen und Demosntranten durch die iranischen Sicherheitskräfte, die bereits zahlreiche Todesopfer gefordert haben, die Unterdrückung der politischen Opposition und das massive Vorgehen gegen die Medien, einschließlich der Eingriffe in die Informationsfreiheit des Internet.

Diese Reaktion auf die anhaltenden Proteste gegen die Ergebnisse der Präsidentenwahlen und offensichtliche Unregelmäßigkeiten bei Stimmenauszählung und Bekanntgabe der Resultate reiht sich ein in die jahrelange Unterdrückung progressiver gesellschaftlicher Kräfte. Die Verfolgung der Studenten- und Frauenbewegungen, linker politischer Akteure, von Gewerkschafter/innen und anderen, um politische Meinungsfreiheit und gesellschaftliche Betätigung ringenden gesellschaftlichen Aktivist/innen im Iran ist wesentliche Ursache für die erheblichen Spannungen in der iranischen Gesellschaft. DIE LINKE erklärt sich mit diesen Kräften solidarisch. Wir wollen, dass Menschen im Iran ihre politische Überzeugung frei und ungehindert ausdrücken und aktiv an der politischen Meinungsbildung teilhaben können.

Die gegenwärtigen Proteste signalisieren das seit Jahren massivste gesellschaftliche Aufbegehren, und dennoch darf nicht übersehen werden, dass die politischen Kräfte um den bisherigen Präsidenten weiterhin über eine starke Verankerung in großen Teilen der iranischen Bevölkerung verfügen. Das deutet auf Gräben innerhalb der iranischen Gesellschaft hin, die zu überwinden für keine politische Kraft leicht sein wird. Iran steht offensichtlich an einem wichtigen Wendepunkt seiner Entwicklung seit den letzten drei Jahrzehnten. Es geht auch um die Möglichkeit und die Chance, die Barrieren für eine echte Demokratisierung des Landes niederzureißen.

Vor diesem Hintergrund ist die internationale Staatenwelt gefordert, nicht durch äußere Einmischung oder konfrontative Rhetorik die Spannungen zwischen den politischen Lagern weiter anzuheizen: Die Gefahr einer weiteren Eskalation der Lage besteht real und sollte für niemanden von Interesse sein. Eine weitere Destabilisierung der Lage im Iran kann die gesamte Region gefährden. Das gilt auch in Hinblick auf mögliche Bewegungen in der Nahostfrage, denn der mit der Kairoer Rede von US-Präsident Obama über das Herangehen des Westens an die islamische Welt aufgetane Hoffnungsschimmer würde so schnell wieder zunichte gemacht. Stabile politische Verhältnisse im Iran sind Mitvoraussetzung für ein dauerhaftes und belastbares Fundament einer Lösung des Nahostkonfliktes.