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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 117, 06. Oktober 2023
Liebe Leser:innen,

in dieser Woche gehen wir als Linksfraktion auf Reisen – nach Spanien. Wie Sie sicherlich erinnern, organisieren traditionell unsere Fraktionskolleg:innen aus dem Land, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, die sogenannten Studientage vor Ort.

Unsere spanischen Abgeordneten der Delegationen von Podemos und Izquierda Unida haben uns ein anspruchsvolles dreitägiges Programm zusammengestellt. Im Mittelpunkt stehen die Themen Klimakrise, Kampf gegen Rechtspopulismus und Antifaschismus, Geschlechtergerechtigkeit sowie Verteidigung erkämpfter gewerkschaftlicher und Arbeitnehmer:innenrechte; all dies vor dem Hintergrund wirtschaftspolitischer Vorhaben im Zusammenhang mit der spanischen Reformagenda und entsprechend der Ziele des „European Green Deal“ und der „Fit for 55“-Agenda.

Besonders namhaft sind in Madrid die Panel-Debatten zu Feminismus und Gleichstellung besetzt. Und dies nicht ohne Grund, denn wie in anderen Ländern - man denke nur an Polen mit seinen zahlreichen Kundgebungen am Vorabend der Wahlen diesen Sonntag - sind diese Fragen auch in der aktuell polarisierten Lage in Spanien hoch umkämpft. Zu Gast wird etwa die politisch engagierte Schriftstellerin und Publizistin Cristina Fallarás sein. Nach der Fußball-WM der Frauen sammelte und veröffentlichte sie Berichte von Frauen, die Opfer sexueller Übergriffe wurden und stieß so eine überfällige gesellschaftliche Debatte an. Mit dabei sein werden auch Irene Montero, Gleichstellungsministerin der aktuellen Regierung aus Sozialisten und dem Linksbündnis Unidos Podemos, sowie Vicky Rosell, Staatssekretärin gegen sexuelle Gewalt.

Die beiden linken Politikerinnen hatten in der Amtszeit der Mitte-Links-Regierung wichtige Impulse gesetzt. So ist Spanien seit Juni diesen Jahres das erste Land in Europa, das es Frauen gesetzlich erlaubt, bei schweren Menstruationsbeschwerden zu Hause zu bleiben. Zudem soll das „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz es Opfern sexueller Gewalt einfacher machen, gegen Straftäter vorzugehen.

Doch natürlich geht auch in Brüssel die Arbeit weiter und wie immer bin ich mit meinem Team bemüht, alle Verantwortungsbereiche wirksam abzudecken. Ein besonders spannender Termin wird für mich die Übergabe des im vergangenen Jahr erarbeiteten „Manifests für ein föderales Europa“ an das Archiv des Europaparlaments sein. Dabei handelt es sich um eine Initiative der „Spinelli-Gruppe“, die mit Liberalen, Linken, Konservativen und Grünen bewusst breit aufgestellt ist. Was die Mitglieder vereint, ist das Ziel, die notwendigen Debatten um den weiteren Entwicklungsweg der EU zu intensivieren und dabei Denkanstöße und konkrete Vorschläge für eine stärkere gemeinschaftliche Ausrichtung zu bieten. Dass neben Vertreter:innen der Gruppe auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola dabei sein wird, wenn das Manifest überreicht wird, ist ein wichtiges Zeichen.

Die Schrift nimmt Bezug auf das 1941/42 von Altiero Spinelli, Ernesto Rossi und Eugenio Colorni verfasste Manifest von Ventotene. Vor über 80 Jahren, als die Völker Europas in dem vom deutschen Hitlerfaschismus und seinen europäischen und japanischen Verbündeten entfachten Weltenbrand die bislang dunkelsten Stunden europäischer und globaler Geschichte durchstehen mussten, waren die drei Antifaschisten auf der Insel nördlich von Neapel gemeinsam eingekerkert. Welche politischen Schritte können ähnliche dunkle Kapitel für die Zukunft verhindern? Wie kann ein Zusammenleben jenseits von Nationalchauvinismus und Hass gedacht und in der Praxis organisiert werden? Auf diese Fragen suchen die drei Verfasser Antworten. Ihre Vision: Die Errichtung eines neuen Europas, das nationale Grenzen hinter sich lässt und ein tatsächlich solidarisches Miteinander begründet.

Alleine die Auseinandersetzungen um eine europäische Asyl- und Migrationspolitik, die grundlegenden Geboten des Humanismus und der Solidarität gerecht wird und im Einklang mit völkerrechtlichen Pflichten steht, zeigen: Eine Weiterentwicklung der europäischen Integration tut not, will die Union sich ernsthaft den drängenden Herausforderungen der Gegenwart stellen. Diese Verantwortung anzunehmen, hieße, gemeinschaftliche Interessen auszuloten und entsprechende Instrumente bereitzustellen, also EU-Politik so ausrichten, dass sich demokratische Mehrheiten in allen Mitgliedstaaten selbstbestimmt nationalistischem Egoismus und zersetzender Marktmacht entgegenstellen.

Aus diesem Grund hatten sich im August vergangenen Jahres hatten Politiker:innen, Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft auf Ventotene versammelt. Auf der symbolträchtigen italienischen Insel stellten sie eine modernisierte, ergänzende Fassung des Manifests vor. Denn Jahrzehnte nach dieser Urschrift und 65 Jahre nach Unterzeichnung der Römischen Verträge haben sich die Rahmenbedingungen tiefgreifend verändert und es gilt, Erfahrungen der bisherigen Integration, aber auch aus dem Kalten Krieg und der (vermeintlichen oder tatsächlichen) Überwindung der Blockkonfrontation aufzugreifen.

Die ursprünglichen Anstöße des Manifests aber bleiben noch immer aktuell, spannend und herausfordernd und erfordern weitergehende Antworten: Wie ermöglichen wir Frieden, Stabilität und Wohlergehen für alle Menschen auf unserem Kontinent, ein freundschaftlich verbundenes und, ja, solidarisches Miteinander der Menschen, während wir allseits greifbare Menschheitsaufgaben bewältigen und gleichzeitig in einem Binnenmarkt agieren, der von der Wirkungsmacht des heutigen Finanzkapitalismus geprägt ist? Als Verfasser:innen dieses neuen Manifests haben wir deshalb bewusst, den Kampf gegen den erstarkenden Rechtsextremismus in Europa sowie die Forderung nach einem konsequenten Einsatz zur Bewältigung der Klimakrise als Überlebensfrage aufgenommen und eine stärkere Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Migration, Soziales und digitaler Wandel gefordert. Ich halte es für ein sehr wichtiges Signal, dass das "Manifest für ein föderales Europa - souverän, sozial, ökologisch" nun in einem solchen Rahmen übergeben wird.  

Am Donnerstag werde ich als Brandenburger Europaabgeordneter zu Gast im
Europaausschuss des Brandenburger Landtags sein. Ich freue mich auf den Austausch zur Überarbeitung des Mehrjährigen Finanzrahmens, der zukünftigen Kohäsionspolitik und den Ausbau der Bürger:innenbeteiligung.

Mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 haben wir uns bereits vergangene Woche im Plenum auseinandergesetzt. Zur Absicherung gegen mögliche Krisen haben die Abgeordneten zusätzlich zu dem Aufstockungsvorschlag der EU-Kommission weitere 10 Milliarden Euro vorgesehen. Mehrausgaben als Folge der Corona-Krise, die verheerenden Folgen der russischen Aggression in der Ukraine und die damit verbundenen militärischen und wirtschaftspolitischen Anstrengungen der EU und natürlich die Energiekrise... es liegt auf der Hand, dass um eine Erhöhung des EU-Haushalt kein Weg vorbeigeht. Auch die Versuche des Rates und der Kommission, eingestellte Mittel von einem Haushaltstitel in andere zu schieben, sind keine akzeptable Lösung und können diesen Umstand nicht kaschieren.

Hinzu kommt, dass die für den Aufbauplan „Next Generation EU“ aufgenommenen Schulden ab dem kommenden Jahr zurückgezahlt werden müssen - und dies infolge der Inflation mit höheren Zinsen als geplant. Dies stellt die Mitgliedstaaten vor akute Herausforderungen. Eine Reform und Ausweitung des Eigenmittel-Systems der EU drängt sich aus meiner Sicht als Baustein einer tragfähigen Lösung auf. Dies sehen auch die EU-Abgeordneten mehrheitlich so. Für die Mitgliedstaaten bedeutet dies allerdings, dass sie eine entsprechende gesellschaftliche Debatte anstoßen müssen - denn die Finanzierung staatlicher Aufgaben und die Priorisierung von Ausgaben gehören zum Kern der Politikgestaltung, bei der die Bürger:innen mitreden sollten.

Wenn es darum geht, wer die Zeche bezahlt, müssen die Kohäsionstöpfe wie etwa die Fördermittelfonds EFRE und ESF+ tabu sein. Diese Budgets sind unerlässlich, um Lebensbindungen in der EU anzugleichen fließen direkt in soziale und Infrastrukturprojekte in weniger gut aufgestellten Regionen - auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Hier zu sparen wäre Wasser auf die Mühlen jener Kräfte, die sich im Namen des „Zurück zum Europa der Vaterländer“ gegen jedes solidarische Miteinander sperren.

Der Auftrag an uns ist somit, durch zusätzliche und höhere Eigenmittel den EU-Haushalt angemessen auszustatten und gleichzeitig Parlamente und Bürger:innen umfassender in Entscheidungen über die Beiträge der Mitgliedstaaten einzubeziehen. Angesichts der zahlreichen grenzübergreifenden Krisen und den somit erforderlichen Ausgaben braucht es eine ernsthafte, gesamtgesellschaftliche Debatte zur Frage, wie die EU sich in Zukunft finanziell aufstellt und zukunftsfähig bleibt. Ich bin gespannt auf die Diskussion mit den Brandenburger Landtagsabgeordneten zu dieser Frage und anderen Aspekten der EU-Politik und ihren Auswirkungen auf unsere Regionen.

Natürlich werde ich Sie dazu auf dem Laufenden halten. Und wie stets finden Sie unten meine persönlichen Terminempfehlungen im Überblick.

Ihr

Helmut Scholz

Auf der Tagesordnung

Mittwoch, 12. Oktober 2023

Feierliche Übergabe des Manifests für ein föderales Europa

  • mit Roberta Metsola, Domenec Ruiz Devesa, Guy Verhofstadt, Danuta Hübner, Helmut Scholz u. a.  
  • Wann? Mittwoch, 14:00 - 15:00 Uhr
  • Wie? im Europäischen Parlament in Brüssel (Library Room)

 

Donnerstag, 12. Oktober 2023

Europaausschuss des Landtags Brandenburg

  • mit Ska Keller, Helmut Scholz und den Mitgliedern des Europaausschusses   
  • Wann? Donnerstag, 11:30-13:00 Uhr
  • Wie? im Landtag Brandenburg in Potsdam

 

Samstag, 14. Oktober 2023

Simulation des Europäischen Parlaments

  • Eine interaktive Veranstaltung für Schüler:innen, organisiert von den Jungen Europäischen Föderalisten Berlin-Brandenburg. Mit Helmut Scholz als Impulsgeber einer simulierten Fraktionssitzung von THE LEFT.
  • Wann? Samstag, 9:00 - 12:00 Uhr
  • Wie? Freie Universität Berlin im Henry-Ford-Bau
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DIE LINKE im Europaparlament

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