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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 47, 25. Februar 2022
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

dies ist wahrscheinlich die Ausgabe meiner Newsletter, die ich mit der größten Sorge um die Zukunft Europas, um den Frieden auf unserem Kontinent, ja auf der ganzen Welt schreibe. Sie wissen, seit Donnerstag herrscht Krieg, nur knapp zwei Flugstunden von uns entfernt. Und es ist zu befürchten, dass die Kampfhandlungen in der Ukraine anhalten werden, es weitere Tote, Verletzte, Vernichtungen geben und die europäische Nachkriegsordnung zerstört wird.

Ja, es ist richtig: auch dieser Krieg hat seine Vorgeschichte. Russland wurde - wider den Zusagen - von der NATO eingekreist. Die 1990 nach dem, wie alle dachten, Ende des Kalten Krieges gemeinsam in Paris beschworenen Vorhaben, ein gesamteuropäisches Haus zu schaffen mit Frieden für jede und jeden, mit dem Zusammenleben in guter Nachbarschaft, blieben Papier. Wie wir jetzt wissen Makulatur, die nicht recycelt werden kann.

Es ist richtig, dass Moskau über Jahrzehnte pure Feindschaft entgegen schlug. Es ist richtig, dass das Land und seine objektiven Interessen missachtet wurden. Es ist richtig, dass in der Ukraine die russischstämmige Bevölkerung staatlich diskriminiert wurde. Es ist ebenso richtig, dass die von Putin in der Vergangenheit angebotene Hand vom Westen ausgeschlagen wurde. Und es ist ebenso richtig, dass die Russische Förderation nie wirklich die Selbstständigkeit und das Recht der Ukraine, ihre Zukunft eigenständig zu gestalten, anerkannte. Es ist auch richtig, dass die tiefgreifenden Beweggründe vieler Menschen in den Ländern der östlichen Nachbarschaft der EU beizutreten, im Kreml und der DUMA nicht verstanden oder gar anerkannt wurden. Ja, es ist richtig, dass beide Seiten vermeintliche Sicherheit gegeneinander anstatt miteinander gesucht haben. Ja, es ist richtig, dass auch der Zerfall Jugoslawiens und die sich anschließende Neuordnung auf dem Westbalkan in Moskau als Präzedenzfall für Grenzveränderungen und vieles mehr gesehen wird.

All diese Vorgeschichten rechtfertigen aber nicht einen Überfall auf einen anderen Staat, einen Krieg, den Bruch des Völkerrechts und praktisch aller europäischen Grundlagenverträge. Für diesen Krieg gibt es keinerlei Rechtfertigung und ich verurteile ihn auf das schärfste! Und ich glaube ebenso wenig, dass über diesen Weg eine neue Sicherheitsarchitektur, die auch Russlands legitime Interessen berücksichtigt, zu erreichen ist. Auch wenn es vielleicht zu Verhandlungen zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine über ihr künftiges Verhältnis als Ausweg auf dem gegenwärtigen Dilemma  kommen kann: das Vertrauen in die Berechenbarkeit der Politik von Präsident, Administration und Parlament der Russischen Förderation ist dahin. Und somit droht das Gegenteil von verlässlicher sicherheitspolitischer Neugestaltung einer Friedensarchitektur. Ich will auch persönlich ganz offen sein: Dass gerade Russland einen Krieg gegen ein anderes Land, ein anderes Volk vom Zaume bricht, erfüllt mich mit großer Bitterkeit. Ich bin betroffen über den russischen Angriff, besonders aber auch von der Unterdrückung von Protestierenden und Demonstrant*innen gegen den Krieg. Denn Kein Krieg! bleibt Maxime des Handelns.

Es ist an dieser Stelle nicht möglich, alle Konsequenzen des Überfalls zu analysieren. Aber es ist klar, dass dieser Krieg auch ganz direkt "meine" Themen als Europaabgeordneter betreffen wird. Denn die Weltwirtschaft und der internationale Handel werden sich gravierend verändern. Das Verhältnis der drei großen Wirtschaftsplayer USA, China und EU wird von dem Konflikt beeinflusst werden.

Nicht zuletzt ist durch die verhängten Sanktionen klar, dass sich die internationalen Finanzbeziehungen ebenso ändern werden. Und ganz klar ist auch, dass wir alle uns selbst hinterfragen müssen, wie wir unsere Interessen im Sinne einer stabilen Umgebung politischer und sicherheitspolitischer Art für den so dringlichen sozial-ökologischen Umbau mit denen anderer Partner und Regionen in Ausgleich bringen. Es geht nur miteinander und in Kenntnis der historischen, kulturellen und aktuellen gesellschaftlichen Prozesse in den anderen Ländern, den konkreten Erwartungen und Ansprüchen der Menschen an eine Mitgestaltung ihrer Zukunft.

Ich möchte deshalb an dieser Stelle bekräftigen, was unser Ko-Fraktionsvorsitzender von THE LEFT im Europäischen Parlament, Martin Schirdewan, für uns LINKE erklärt hat. Die EU muss als diplomatische Vermittlerin agieren. Sofort. Alle Maßnahmen müssen ergriffen werden, um den Korridor für eine diplomatische Lösung des Konflikts offen zu halten. Auch darum wird es in der Sondersitzung zu dem Konflikt kommende Woche im Europäischen Parlament gehen. Auch unsere Fraktion hat sich dafür eingesetzt. Und das ebenso für die solidarische Unterstützung für alle Menschen auf der Flucht aus dem Kriegsgebiet in die EU. Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind sehr dicht dran an dem Kriegsherd.

Ob neben dem Ukraine-Konflikt die zahlreichen handelspolitischen Themen, die eigentlich auf der Agenda stehen, in der nächsten Woche in Brüssel bearbeitet werden können, bleibt abzuwarten. So sollte es im Handelsausschuss (INTA) ein Gespräch mit dem EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis geben, der auch dem Programm "Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen" vorsteht. Ziel dieser Initiative ist es, "soziale Gerechtigkeit und Wohlstand" zu fördern. Ich glaube, da gibt es noch einiges zu tun.

Des Weiteren wird es um das neue EU-Lieferkettengesetz gehen, das endlich auch den Themen Ökologie und Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten große Bedeutung einräumen soll. Auch hier gibt es leider noch immer - soweit jetzt schon erkennbar -  Schlupflöcher, die geschlossen werden müssen. Es wird um die weltweite Verteilung von Covid-Impfstoffen und die Reformierung der Welthandelsorganisation WTO gehen. Und nicht zuletzt werde ich die Arbeit an meinem Bericht zu den Handelsbeziehungen zwischen EU und afrikanischen Staaten fortführen. Dabei stehen einige Beratungen und Konsultationen mit verschiedenen Partner*innen im Programm.

Über diese und andere Themen können Sie wie stets unten mehr lesen.

Ihr

Helmut Scholz

28. Februar: Einrichtung einer europäischen Anti-Geldwäsche-Agentur

Am Montag findet die nächste reguläre Sitzung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (AFCO) statt. Neben einer Abstimmung zum Haushalt, einem Meinungsaustausch zu den eingereichten Änderungsanträgen zur Stellungnahme zum Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Kommission und eine Aussprache zum aktuellen Stand der Zukunftskonferenz steht meine Stellungnahme zur Einrichtung der Behörde für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus auf der Tagesordnung.

Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und organisierte Kriminalität sind nach wie vor bedeutende Probleme, die unbedingt auf EU-Ebene angegangen werden müssen. Nach den zahlreichen Bankenskandalen plant die EU nun die Einrichtung einer neuen Aufsichtsbehörde zur Bekämpfung der Geldwäsche. Diese Anti-Geldwäsche-Behörde (AMLA), eine neue EU-Agentur, wird der Kern eines aktualisierten Regulierungssystems sein, an dem auch nationale Behörden beteiligt werden sollen.

Die Aufgaben der neuen Agentur sind vielseitig: So soll die AMLA operative Entscheidungen über risikoreiche Unternehmen treffen, indem sie einige der risikoreichsten grenzüberschreitend tätigen Unternehmen des Finanzsektors direkt beaufsichtigt. Sie soll auch die nationalen Aufsichtsbehörden koordinieren und unterstützen, um EU-weit einheitliche Aufsichtsstandards und Risikobewertungsmethoden zu gewährleisten. Und es müssen auch dringend neue Regeln für die Offenlegung der wirklichen Eigentümer*innen von Kryptowährungswerten verabschiedet werden. Denn das Fehlen solcher Regeln setzt die Inhaber*innen von Krypto-Vermögenswerten dem Risiko der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus aus, da illegale Geldströme unter anderem durch die Übertragung von Krypto-Vermögenswerten erfolgen.

In der EU gibt es mehrere schwache Gerichtsbarkeiten, die als Einfallstore für illegales Geld in das europäische Bankensystem dienen. Dazu gehören Österreich, die baltischen Staaten, Zypern, Luxemburg und Malta. Aber auch führende niederländische, deutsche, nordische und spanische Banken waren in den letzten Jahren mit Geldwäscheskandalen konfrontiert, darunter die 200-Milliarden-Euro-Affäre der Danske Bank im Jahr 2018 - die größte in der Geschichte der EU.

Ich bin daher der Ansicht, dass es für eine möglichst effiziente Erfüllung dieser Aufgaben unerlässlich ist, die Verwaltung, Regelungen zur Rechenschaftspflicht und Transparenz der neuen Behörde zu verbessern. Aufgrund der Art ihrer Aufgaben sollten die/der Vorsitzende, die/der stellvertretende Vorsitzende und die/der geschäftsführende Direktor/in sehr strengen Rechenschafts- und Integritätsregeln unterliegen. Auch die Verantwortung des Europäischen Parlaments muss in dieser Hinsicht gestärkt werden.

Die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erfordern, dass die Behörde auf eine Vielzahl von Fachkenntnissen zurückgreift. Sie sollte daher nicht nur auf die Erfahrung einschlägiger EU-Organe, -Agenturen und -Einrichtungen zurückgreifen, sondern auch auf Organisationen außerhalb des institutionellen Umfelds der EU. Daher sollten die Verwaltungsmechanismen eine aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft und anderer Organisationen mit einschlägigem Fachwissen auf Ad-hoc-Basis sowie die Einrichtung eines ständigen Beratungsgremiums aus Vertreter*innen der Zivilgesellschaft vorsehen.

Diese und weitere Vorschläge sind in meiner Stellungnahme inbegriffen. Ich bin bereits auf das Feedback meiner Kolleg*innen im AFCO-Ausschuss gespannt und freue mich auf eine interessante Diskussion. Wollen Sie mithören? Sie können die AFCO-Ausschusssitzung hier ab 16:45 Uhr live mitverfolgen.

Geplant ist, dass die neue Agentur ihre Arbeit spätestens 2026 aufnimmt - unter der Voraussetzung, dass die EU-Mitgliedstaaten zustimmen.

3. März: Öffentliche Diskussion zum EU-Afrika-Gipfel

Partnerschaft auf Augenhöhe? EU-Afrika-Gipfel im Zeichen globaler Herausforderungen

Unter diesem Titel laden die Brandenburger EUROPE DIRECT in ihrem Format Europa kontrovers am 3. März ab 18 Uhr zur Debatte ein. Im Podium werden dieses Mal Pierrette Herzberger-Fofana, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Grünen, und Helmut Scholz miteinander diskutieren. Moderiert wird das Ganze von Uwe Prüfer vom VENROB e. V.

Anmelden für die Teilnahme per Videokonferenz (Plattform Zoom) kann man sich bis zum 1. März hier: https://www.kurzelinks.de/8ro9. Ebenso wird es auf Facebook durch die EUROPE DIRECT einen Livestream geben.

5. März: Helmut Scholz vor Ort - Besuch in Schwedt zur Diskussion der aktuellen Lage

Genossinnen und Genossen der LINKEN-Basisorganisation Schwedt laden zum öffentlichen Austausch über die jüngsten Ereignisse in Europa ein. Hauptthema ist also das Kriegsgeschehen in der Ukraine. Es gelten die Corona-Regelungen für Brandenburg.

Treffpunkt ist um 13:30 Uhr das KOMMunikationszentrum, Julian-Marchlewski-Ring 103b, in 16303 Schwedt.

Aufruf zur Teilnahme an der Friedensmahnwache in Berlin: 25. Februar, 17:30 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz

Frieden und Abrüstung - gerade auch der nuklearen Waffensysteme! Das ist das, was angesichts der Entwicklung um den Ukraine-Krieg umso dringlicher in den Blickwinkel aller rücken sollte.

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