Wird dieser Newsletter nicht richtig dargestellt? Link zur Online-Version
Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 63, 17. Juni 2022
Liebe Leser*innen,

große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Sie ahnen es, ich spreche vom Bundesparteitag der LINKEN, der am kommenden Freitag beginnt und unter anderem eine neue Führungsspitze wählen wird. Auch ich werde mit beratender Stimme in Erfurt dabei sein.

Die Lage in unserer Partei ist ehrlich gesagt mehr als kompliziert, und die schlechten Ergebnisse bei Bundes- und Landtagswahlen widerspiegeln das ebenso wie der Rücktritt von Susanne Hennig-Wellsow vom Posten der Ko-Parteivorsitzenden. Mehrfach wurde und wird von der tiefsten Krise gesprochen, die DIE LINKE 15 Jahre nach ihrer Gründung durchlebt. Das Datum wäre ja eigentlich eher ein Anlass zu einer freundschaftlichen Bestandsaufnahme. Deshalb muss auf dem Parteitag konstruktiv und nach vorne diskutiert werden, sind strukturelle Fehlentwicklungen ebenso zu benennen wie Konflikte ehrlich zu analysieren und gemeinschaftlich Schritte für die strategische Neuausrichtung unserer Partei festzulegen. Das wird nur mit einem entschlossenen Agieren derer, die sich für die Neuaufstellung der LINKEN bewerben, gelingen können. Lenin hatte einmal die Strömungskämpfe in einer linken Partei energisch gegeißelt und ich meine, nicht alles bei den Altvorderen der Linken muss falsch sein. Falsch sind allemal vor allem die zermürbenden Flügelkämpfe mit mehr als fragwürdigen Methoden. Beenden wir endlich dieses Lagerdenken. Eine moderne, einladende und inklusive LINKE, die für demokratische Teilhabe aller an politischen Entscheidungen wirbt, muss selbst offen und ohne Schubkästen-Verortung auftreten.

Zu den Konflikten gehört auch die Haltung der LINKEN zum Krieg in der Ukraine. Man braucht kein Prophet zu sein um vorauszusehen, dass dieses Thema eines der dominierenden, wenn nicht gar das beherrschende Thema des Parteitags sein wird. Denn es hat so unendlich viel mit dem friedenspolitischen Selbstverständnis der Linken zu tun, mit unserem richtigen Festhalten an Abrüstung, einem umfassenden, eben nicht nur militärisch definierten Begriff von Sicherheit und friedlichem Zusammenleben der Völker und Menschen - in Europa, in der Welt. Der vom russischen Präsidenten Putin befohlene Überfall auf die Ukraine ist nicht nur völkerrechtswidrig, sondern hat neben durch nichts zu rechtfertigendem Leid, Tod und Zerstörungen, die fassungslos machen, mit sich gebracht und vor allem das Denken und Handeln gegen Krieg sowie für friedliche Zusammenarbeit um Jahrzehnte zurückgeworfen. Und nicht zuletzt Militärisches als Mittel zur Lösung von Konflikten wieder auf die Tagesordnung internationaler Politik gesetzt. Ob man das Zurück zu einem großrussischen Zarenreich aus dem Munde des russischen Präsidenten oder seiner ideologischen Handlanger ernst nehmen will oder nicht: das Problematische daran ist die mit der Aggression am 24. Februar beendete Vorgeschichte, die nun selbst einen solchen wahnwitzigen Abenteuerkurs nicht mehr auszuschließen vermögen. Wie immer bei imperialen Planungen und Taten bezahlen am Ende die Völker die Zeche. Darüber herrscht in unser Partei weitgehend Einigkeit, auch wenn dies mitunter in Medien anders dargestellt wird. Aber wie nun angesichts dieser so komplexen Situation der Krieg schnell beendet werden kann, darüber gibt es Debatten, so wie in der gesamten Bevölkerung. Sollen - und wenn ja welche - Waffen an die Ukraine geliefert werden? Werden solche Waffenlieferungen nicht Krieg und Leiden noch verlängern und verstärken? Würde ein Sieg Russlands Putin nicht Appetit auf noch weitere Gebiete machen und ein Einknicken vor den Prinzipien des Völkerrechts bedeuten? Wie weit ist ein jahrelanger “Abnutzungskrieg” mit seinen Dimensionen an humanen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen, wo gegenwärtig an der Front bereits tausende Menschen sterben, real überhaupt durchhaltbar. Nicht zuletzt: Welche Rolle kann Diplomatie, können Verhandlungen in der gegenwärtigen Situation und angesichts der fehlenden Verlässlichkeit Putins überhaupt noch spielen?

Sie kennen meine Meinung: Diplomatie und Verhandlungen können nie falsch sein. Auch, wenn sie kompliziert sind. Denn es geht um die sofortige Beendigung des Blutvergießens, und zugleich um die Grundsteinlegung für ein tragfähiges dauerhaft belastbares Verhältnis zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine, als EU-Beitrittskandidaten. Es geht auch um eine tragfähige europäische, ja globale Sicherheitsarchitektur. Eine Struktur, die die Voraussetzungen für das gemeinsame Meistern der eigentlichen Kernforderungen der Gegenwart, die alle Konfliktparteien gleichermaßen umtreiben muss, schaffen kann: der Erderwärmung ein Stopp entgegenzusetzen und darauf alle Ressourcen zu konzentrieren. Und eine Struktur, die berechtigte Interessen aller Seiten entsprechend zusammenführen kann. Ein solche Architektur ist nicht gegeneinander, sondern nur miteinander zu errichten. Und dabei sind unterschiedlichste Interessenlagen zu berücksichtigen und in Verhandlungsoptionen zu übersetzen.

Apropos Verhandlungen. Können Sie sich noch an den Gesprächsmarathon zum Brexit erinnern? Es hatte praktisch mehrere Jahre gedauert, bis alle Fragen, die mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU verbunden waren, vertraglich geregelt wurden. Für uns Linke gab es dabei eine ganz klare Prämisse: den Frieden auf der irischen Insel zu sichern. Dass die britische Regierung nun das sogenannte Nordirland-Protokoll unterhöhlt, indem sie die darin getroffenen Zollregelungen abschaffen will, ist mehr als ein Spiel mit dem Feuer. Wenn die EU-Kommission nun das Vertragsverletzungsverfahren gegen das Vereinigte Königreich fortsetzt, ist dies nur folgerichtig. Allerdings haben wir als Linke im Europäischen Parlament immer betont, dass das Verfahren, Nordirland weitgehend im EU-Binnenmarkt zu belassen, keine Personenkontrollen an den Grenzen durchzuführen und Waren „am Eintrittspunkt“ zu kontrollieren, sehr schwer zu in der Praxis durchzusetzen ist. Nichtsdestotrotz muss ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikt verhindert werden.

Verhandelt wurde in dieser Woche auch bei der Ministerialkonferenz der Welthandelsorganisation WTO in Genf, zu der auch ich angereist war. Nach mehrfacher Verlängerung ist in der Nacht zum Freitag zumindest in einigen Bereichen Einigung erzielt worden, die ich jedoch kritisch sehe. Das betrifft insbesondere einen der am meisten umstrittenen Punkte um das Ringen um wirkliche globale, solidarische Gemeinsamkeit im Kampf gegen die Corona Pandemie - die vorübergehende Aufhebung von Patenten auf Corona-Impfstoffe. Die nun in Genf getroffene Vereinbarung, die Herstellung von Covid-Impfstoffen in mehr Ländern zu ermöglichen, bleibt weit hinter dem Ansatz einer vorübergehenden Patentaussetzung zurück. Ich teile ganz ausdrücklich die Kritik vieler Nichtregierungsorganisationen, dass Unternehmensgewinnen Vorrang vor der Rettung von Menschenleben gegeben wurde.

Auch bei der Reform der WTO selbst soll es nun vorangehen, wenngleich die Formulierenden auch hier sehr verschwommen sind. Wie ich im letzten Newsletter schrieb, sind die Themen Handel und ökologische Nachhaltigkeit in der WTO endlich zusammen zu bringen!

Wie ich im letzten Newsletter schrieb, sind die Themen Handel und ökologische Nachhaltigkeit in der WTO endlich zusammen zu bringen. Vordringlich geht es natürlich darum, die Folgen des Ukraine-Kriegs und dessen Folgen für die globalen Handelsbeziehungen und Lieferketten zu bewältigen. Nehmen wir nur als einen Punkt die Welternährung. Auch in Folge des russischen Krieges gegen die Ukraine durch die fehlenden Umschlagpunkte in den Schwarzmeerhäfen verschärft sich die globale Versorgungslage mit Getreide aus einem der Hauptexportländer. Allein in Ostafrika sind über 80 Millionen Menschen in Folge einer sehr langen Dürreperiode in Kumulation mit den Lieferengpässen akut von einer Hungersnot bedroht. Ich sage: die internationale Staatengemeinschaft ist herausgefordert, endlich gemeinsam zu agieren, um gegenzusteuern. Das Ziel der weltweiten Beseitigung des Hungers, nur eines der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, die bis 2030 umgesetzt sein sollten, wird nicht erreicht werden können. Aber ich bleibe dabei: Die gesamte Weltwirtschafts- und Welthandelspolitik muss sich daran messen lassen, dass diese Ziele umgesetzt werden.

Das sind alles Themen, die mein Team unmittelbar beschäftigen. Insofern bin ich froh, dass Joshua Strack jetzt unser Brüsseler Büro verstärken wird. Joshua hat 2019 bereits ein mehrmonatiges Praktikum bei mir gemacht und wird insbesondere für den Ausschuss für Konstitutionelle Frage (AFCO) und die Fortsetzung des Prozesses der EU-Zukunftskonferenz zuständig sein. Mit den Fragen Bürger*innenbeteiligung und -engagement hat sich Joshua übrigens bereits intensiv beschäftigt: Sein Studium der Sozialwissenschaft beendete er mit einer Arbeit über die Initiative "Deutsche Wohnen und Co. Enteignen".

 

Ihr

Helmut Scholz

20. Juni: Expert*innenrunde zur Rolle von sozialen Bewegungen in der politischen Partizipation

Ob Fridays for Future, Deutsche Wohnen und Co. enteignen oder auch die Proteste gegen TTIP: In den letzten Jahren ist europaweit deutlich geworden, dass soziale Bewegungen das Verständnis vieler Menschen darüber, was politische Partizipation denn eigentlich bedeutet, stark geprägt haben. Um mich diesem Thema wissenschaftlich zu nähern, folge ich einer Einladung der Civil Society Europe.

Auf einem Panel, das Erfahrungen aus dem politischen Betrieb mit der Expertise von Sozialwissenschaftler*innen zusammenbringen soll, wollen wir uns über eine neue Studie zur Rolle von sozialen Bewegungen in der Mobilisierung von Bürger*innen austauschen.

Die Studie, welche von EnTrust im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts durchgeführt wurde, konnte zwei hochinteressante gesellschaftliche Trends ausmachen: Während die Teilnahme an sozialen Bewegungen weiterhin steigt, scheinen viele Bürger*innen sich aus dem klassischen, institutionellen politischen Betrieb zurückzuziehen.

Die Autor*innen kommen zu dem Schluss, dass soziale Bewegungen definitiv einen Beitrag dazu leisten können, verlorenes Vertrauen in (europäische) Institutionen wiederherzustellen. Indem die Bewegungen zur Politisierung und Mobilisierung von Bürger*innen beitragen und kritische Denkansätze fördern, wird der Druck auf Institutionen, sich transparenter zu gestalten und die Bürger*innen in Ihren Anliegen wahrzunehmen, erhöht. Der Erfolg von sozialen Bewegungen könnte somit dazu führen, dass Menschen auch weiterhin darauf vertrauen, ihre Anliegen demokratisch erkämpfen zu können, jedoch jene Bewegungen und deren politischen Druck als ausschlaggebenden Bestandteil des demokratischen Diskurses wahrnehmen. Ein „kritisches Vertrauen“ würde so gegenüber den Institutionen entstehen, die unter Druck gesetzt werden sollen.

In der anschließenden Diskussion sind dann gemeinsam Antworten auf die folgenden Fragen zu finden: Wie kann und sollte eine Antwort auf diesen Vertrauensverlust von Seiten der regierenden Institutionen auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene aussehen? Welche Lehren lassen sich für die Zivilgesellschaft ziehen und wie kann diese besser eingebunden werden? Und schlussendlich: Welche Rolle können und sollten Expert*innen sowie Wissenschaftler*innen in politischen Entscheidungsprozessen spielen?

Da wir Linke im EP lange schon mit sozialen Bewegungen kooperieren und ihr Engagement für unerlässlich halten, freue ich mich wirklich sehr auf die neuen Erkenntnisse. Ich glaube aber auch ganz grundsätzlich, dass diese Fragen für alle Demokrat*innen von großer Bedeutung sind.

 

[1] EnTrust. (2022). Integrated Report on the role of democratic social movements. An Examination of Trust and Distrust in Governance – Conditions, Effects and Remedies.

21. Juni und 22. Juni: European Development Days

Am Dienstag und Mittwoch findet wieder eine der wichtigsten Tagungen in Brüssel zur Ausgestaltung der Entwicklungspolitischen Kooperationen der Europäischen Union mit Partnerländern und -organisationen in aller Welt statt. Organisiert von der EU-Kommission, finden die European Development Days diesmal in hybridem Format statt. Getagt wird auf dem Brüsseler Messegelände. Sie können die Veranstaltungen aber auch im Internet live verfolgen. Auch ich werde das tun und mich nach Möglichkeit einbringen. Hier finden Sie das Programm.

21. Juni: AFCO und INTA beraten zum Brexit

In geschlossener Sitzung lassen sich Abgeordnete des Verfassungs- und des Handelsausschusses von der EU-Kommission informieren, wie diese auf die offenkundige Bereitschaft der Britischen Regierung und des Britischen Parlaments reagieren will, das Austrittsabkommen mit der EU nicht vollständig umzusetzen.

Ich habe mich in der vergangenen Woche mit meinem irischen Fraktionskollegen von Sinn Fein, MdEP Chris MacManus gegenüber der Presse geäußert. Chris sieht in der Entwicklung einen gefährlichen Schachzug der britischen Regierung. Indem sie der Demokratischen Unionistischen Partei bezüglich des Protokolls Vorschub leiste, führe die britische Regierung einen Stellvertreterkrieg bezüglich des Karfreitagsabkommens. Wie so oft würde Irland wieder einmal als Teil interner Machtkämpfe in der Tory-Partei benutzt. Solange die Teilung Irlands andauere, werde es wohl immer wieder zu Schwierigkeiten in den Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU kommen. Aber die Menschen und Unternehmen im Norden dürfen nicht die Leidtragenden sein.

Ich denke, die britische Regierung weiß es ja nicht nur, sondern wird schnell feststellen, dass der internationale Handel auf Regeln basiert und die Währung Vertrauen ist. Wenn die Regierung Johnson darauf besteht, dass das Völkerrecht den Launen einer Mehrheit in der Regierungspartei in Westminster unterliegt, werden die Brit*innen bald zu dem Schluss kommen, dass ihr internationales Ansehen schwindet und ihre Unterschrift unter Handelsabkommen als nicht viel Wert gilt.

Die Kommission wird gesetzliche Instrumente auf den Weg bringen, um angemessen reagieren zu können. Das legislative Verfahren wird durch einen gemeinsamen Bericht von Handelsausschuss, Außenausschuss und Verfassungsausschuss begleitet werden, mit einer Stellungnahme des Binnenmarkt-Ausschusses.

22. Juni: Plenarsitzung – Klimaschutzpaket Teil 2

Es gab viel mediale Aufmerksamkeit, als während der letzten Plenarsitzung in Strasbourg die Gesetzentwürfe zum Emissionshandel und zur CO2-Grenzabgabe nicht angenommen wurden.

Daraufhin hat es in den Ausschüssen erneute Kompromissverhandlungen gegeben und heute wird das Paket „Fit for 55“ zum Klimaschutz nun komplett geschnürt werden. Alle müssen sich darüber bewusst sein, dass wir uns mitten in der Klimakatastrophe befinden und dringend konsequent gehandelt werden muss, wenn wir diesen Planeten noch lebenswert erhalten wollen und die Millionen Menschen, die bereits jetzt mit den gravierenden Folgen zu kämpfen haben, vor weiteren Klimakatastrophen bewahrt werden müssen. Hier muss die EU ihren Beitrag leisten.

Hier können Sie die Debatte live in der EU-Sprache Ihrer Wahl verfolgen.

22. Juni: Plenarsitzung – Umsetzung und Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung

Weniger als acht Jahre verbleiben, um die Ziele der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Es müssen nun alle Anstrengungen unternommen werden, um diese Ziele zu erreichen, auch seitens der EU. Daher debattiert und entscheidet das Parlament heute über einen Bericht des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, der die Verpflichtungen zur Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen einfordert. Die Klimakatastrophe, der Krieg in der Ukraine und die andauernde Pandemie mit ihren gravierenden Folgen für unser Ökosystem und die Lebensgrundlagen für uns Menschen machen mehr als deutlich, dass wir unsere Wirtschaftsweise dringend umstellen müssen, weg vom stetigen Wachstum, dem viel zu hohen Ressourcenverbrauch oder dem Produzieren von hohen Mengen an nicht abbaubarem Abfall.

Wenn wir die 17 Ziele erreichen, Klimakatastrophen eindämmen und zukünftige Pandemien vermeiden wollen, wenn wir Armut verhindern, Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, Gesundheit und Bildung für alle erreichen wollen, dann müssen wir schleunigst eine gerechtere, fairere, inklusivere, nachhaltigere und resilientere Welt aufbauen. Die SDGs müssen Gradmesser jeglichen politischen Handelns gemacht werden, in allen Politikbereichen. Nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch in der Kommune sowie global. Mit einem hoffentlich starken Votum für diesen Bericht, den die Linksfraktion mitverfasst hat, soll die EU-Kommission unter anderem dazu aufgefordert werden, Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels und zur Achtung und Förderung der Menschenrechte sowie des Rechts auf Gesundheit zu ergreifen.

Auch diese Debatte kann live verfolgt werden.

22. Juni: Plenarsitzung – Beitritt zur EU von Ukraine und Republik Moldau

Der Europäische Rat wird in dieser Woche entscheiden, ob der Ukraine und die Republik Moldau für einen Beitritt zur EU mit der Verleihung des Kandidatenstatus formell die Tür geöffnet werden soll. Bereits am Freitag hatte die EU-Kommission eine entsprechende Empfehlung beschlossen, während Georgien zuvor erst bestimmte Auflagen erfüllen müsse. Länder mit Kandidatenstatus sind derzeit Albanien, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien und die Türkei.

Zu dieser Entscheidung wird das Europaparlament sich vorab positionieren und heute eine Debatte führen und am Donnerstagmittag eine Resolution beschließen. Ich werde mich wie in der Vergangenheit mit meiner DIE LINKE. Delegation dafür aussprechen, den Kandidatenstatus zu geben. Das ist in der Linksfraktion nicht unumstritten, wobei die Kritik unterschiedliche Gründe hat. Manche wollen in dieser Situation Russland nicht noch deutlicher den Eindruck einer „Umzingelung“ geben, andere sehen die Länder noch als zu weit davon entfernt, Rechtsrahmen und Werte der EU zu übernehmen. Auch gibt es Bedenken, was es für die EU bedeuten würde, wenn die Positionen von Regierungen und Parteien in Mittel- und Osteuropäischen Ländern noch mehr Stimmgewicht in den Europäischen Institutionen bekommen würden.

Dennoch halte ich die Entwicklung der Lage durch den Angriff Russlands auf die Ukraine für eine historische Situation, in der wir auch als Linke das Bedürfnis der Bevölkerungen in der Ukraine und Republik Moldau anerkennen müssen. Jetzt die Tür zuzuschlagen wäre politisch ein fatales Signal, auch in der Wahrnehmung der Linken in der Öffentlichkeit, die unter dem Eindruck der schrecklichen Bilder des Krieges urteilt. Ich möchte Sie einladen, den differenzierten Resolutionsentwurf der Linksfraktion zumindest einmal zu lesen. Vielleicht gelingt es ja doch, einige Elemente in die Gemeinsame Resolution der Fraktionen des Parlaments hinein zu verhandeln. Ich hoffe sehr, dass diese Resolution nicht von einem Siegerduktus geprägt sein wird, sondern sich ernsthaft mit dem Für und Wider auseinandersetzt und Zukunftsoptionen skizziert.

Die Debatte kann live in der EU-Sprache Ihrer Wahl verfolgt werden.

22. Juni: Plenarsitzung – Mein Bericht über die Zukunft der Handelsbeziehungen EU - Afrika

Der finale Moment steht bevor: morgens stelle ich meinen Bericht EU-Afrika in der Linksfraktion vor, am Abend steht dieser dann im Plenum des Europaparlaments zur Debatte, und am Donnerstag erfolgt die Abstimmung des gesamten Parlaments über seine Positionierung zur Zukunft der Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Afrikanischen Union und ihren Mitgliedstaaten, die praktisch den gesamten Kontinent ausmachen.

Die EU ist derzeit Afrikas größter Handelspartner, knapp vor China. Die Afrikanische Union beschloss als eines ihrer Flaggschiff-Projekte die Gründung des African Continental Free Trade Area (AfCFTA), das 2019 in Kraft trat und zum 1. Januar 2021 seinen Startschuss erlebte. Unser Nachbarkontinent hat sich dabei das Ziel gesteckt, einen der größten Binnenmärkte der Welt zu schaffen. Es geht dabei um weit mehr als die Abschaffung der Zollgrenzen. In mehreren Phasen soll unter anderem auch Freizügigkeit für die Bevölkerung auf dem gesamten afrikanischen Kontinent eingeführt werden.

Mein Bericht greift die Vereinbarungen vom jüngsten EU-Afrika-Gipfel im Februar 2022 auf. In der gemeinsamen Abschlusserklärung „Eine gemeinsame Vision für 2030“ wurde eine breit gefächerte Kooperation zur Stärkung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Kontinenten vereinbart. Darüber hinaus hat sich die EU auf dem EU-Afrika-Gipfel verpflichtet, bis zu 150 Milliarden über das Programm „Global Gateway“ in Infrastrukturentwicklung in Afrika zu investieren. China kündigte zuvor bereits noch etwas größere Investitionen an.

Das Europaparlament betont in meinem Bericht die Bedeutung und den strategischen Charakter der Beziehungen zwischen der EU und Afrika und fordert die Europäische Union auf, in ihrer Handelspolitik gegenüber Afrika folgende Ziele zu verfolgen:

Das Erreichen der UNO-Nachhaltigkeitsziele (SDGs), die Entwicklung lokaler öffentlicher Dienstleistungen, die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze, die Bekämpfung von Klimawandel und Hunger, die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, die Entwicklung der afrikanischen Wirtschaft, ihre Befreiung von der Abhängigkeit von Rohstoffexporten und die Förderung der regionalen Integration und die Entwicklung lokaler Wertschöpfungsketten und heimischer umweltverträglicher Produktion mit hoher Wertschöpfung.

Zu diesem Zweck setzt sich der Bericht für den innerafrikanischen Handel und die Integration ein, einschließlich der Förderung von Initiativen der Afrikanischen Union für Handelsintegration, Digitalisierung, nachhaltige Industrialisierung und erneuerbare Energien. Der Bericht gibt dem AU-Projekt der afrikanischen kontinentalen Freihandelszone den Vorzug vor den von der EU betriebenen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs).

Als Erbe der kolonialen Vergangenheit und der Ausrichtung der Wirtschaftsbeziehungen auf die Versorgung Europas liegt der Handel innerhalb des afrikanischen Kontinents derzeit bei lediglich 17 Prozent. In Europa findet zum Vergleich 68 Prozent seines Handels innerhalb Europas statt. Dieser hohe Grad an Autarkie ist eine Stärke. Afrika handelt hingegen deutlich mehr mit Europa als mit sich selbst. Eines der wichtigsten Ziele der Afrikanischen Union mit der Schaffung des kontinentalen Freihandelsgebietes ist die Korrektur dieser Situation. Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Afrika sollen mittelfristig ins Gleichgewicht gebracht werden, innerafrikanische Wertschöpfungsketten sollen aufgebaut werden.

Mein Bericht weist darauf hin, dass es zwei gegensätzliche Analysen der EPAs gibt und erwähnt die Argumente der kritischen Seite sowie der Befürworter*innen von EPAs. Der Bericht fordert eine Neubewertung, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die regionale und kontinentale Integration, und abhängig von den Erkenntnissen dann auch eine Anpassung der aktuellen EPAs, um sie mit diesen Zielen in Einklang zu bringen, statt als Hindernis zu wirken, sowie verbindliche und durchsetzbare Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung (TSD-Kapitel) einzufügen. Zugleich ist eine Harmonisierung der Ursprungsregeln für den Handel mit dem gesamten afrikanischen Kontinent notwendig.

Die Rolle der Frauen sowohl bei der Modernisierung als auch bei der Bewältigung des Wandels der afrikanischen Wirtschaft wird ebenso hervorgehoben sowie ihre wichtige Rolle in der Landwirtschaft und im grenzüberschreitenden Kleinhandel. Da die afrikanische Wirtschaft zu einem großen Teil auf dem Agrarsektor basiert und 70 Prozent der Bevölkerung von Landwirtschaft leben, wurde besonderer Wert auf die nachhaltige Entwicklung dieses Sektors gelegt. Der Bericht enthält starke Formulierungen zur Ernährungssouveränität – ein Begriff, der normalerweise eine Abstimmung im INTA-Ausschuss nicht übersteht. Verlangt wird die Förderung von Agrarökologie sowie entsprechende Reformen. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft wird verteidigt, während die Auswirkungen der EU-Lebensmittelexporte auf die lokalen Märkte in Afrika kritisiert werden.

Der Bericht befasst sich auch mit den Folgen des Krieges in der Ukraine auf die Lebensmittelversorgung in Afrika, dessen Bevölkerung bereits negative Effekte durch die globalen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID19 und deren Auswirkungen auf Handel und Lieferketten spüren musste. Unterernährung nimmt in Afrika und Südasien stark zu.

Gleichzeitig beschreibt der Bericht Afrika als den Kontinent der Jugend und weist auf die Chancen für eine Partnerschaft zwischen dem alternden Kontinent Europa und dem afrikanischen Kontinent hin, der bis 2050 einen großen Teil der jungen Menschen der Welt beherbergt. Daraus ergeben sich Chancen, aber auch andere große Herausforderungen wie Klimawandel, Überwindung von Armut und Hunger, die nur partnerschaftlich auf Augenhöhe bewältigt werden können.

Natürlich ist der Bericht ein Ergebnis von zahlreichen Kompromissen. Die Zusammenarbeit mit den Abgeordneten Gabriel Mato (EVP), Joachim Schuster (S&D), Samira Rafaela (Renew Europe) und Saskia Bricmont (Grüne/EFA) und ihren Teams verlief sehr konstruktiv und angenehm im Umgang miteinander. An manchen doch schwierigen Kompromissen und einigen wenigen Abstimmungserfolgen der EVP liegt es, dass sich im Bericht auch Formulierungen finden, die ich lieber nicht darin sehen würde. Manches ist sogar etwas widersprüchlich, beispielsweise die Äußerungen zum Thema Migration. Insgesamt bin ich jedoch mit dem Ergebnis dieser monatelangen Arbeit hoch zufrieden. Neben meinem Assistenten Bernd Schneider, und dem zuständigen Mitarbeiter in der Fraktion Fabio Amato, unterstützte mich bei diesem Bericht auch in besonderem Maße die Rosa-Luxemburg-Stiftung durch die Kontakte ihrer Büros in Afrika. Gemeinsam mit Arif Rüzgar vom Brüsseler Büro der Stiftung haben wir vier Workshops durchführen können, in denen sich hochrangige Gesprächspartner*innen aus vier afrikanischen Regionen in die Komposition der Forderungen des Berichts einbringen konnten. Sie werden im Bericht auch namentlich aufgeführt. Grundsätzlich müssen Partnerschaften immer auf Augenhöhe geführt werden und die Sichtweisen aller Partnerländer sind umfassend einzubeziehen.

Ich strebe eine gemeinsame Veranstaltung mit allen Partner*innen zur internationalen Vorstellung dieses Berichtes an, der an Bedeutung gewinnen wird, je öfter er als Referenz genannt wird. Zu dieser Veranstaltung werden Sie sich gern wieder zuschalten können.

Hier können Sie Plenardebatte live in der EU-Sprache Ihrer Wahl verfolgen.

23. Juni: Gespräch mit den Jungen Europäischen Föderalisten - Junge Perspektiven auf die Konferenz zur Zukunft Europas

Schon über einen Monat ist es her, dass die Konferenz zur Zukunft Europas ihren Abschlussbericht veröffentlicht hat. Jetzt kommt es natürlich darauf an, die ausgearbeiteten Vorschläge auch ernst zu nehmen. Sollte die Umsetzung der Vorschläge nun von Rat und Kommission blockiert werden, würde die Glaubwürdigkeit von zukünftigen Versuchen, Bürger*innen in den EU-Gesetzgebungsprozess einzubinden, stark beschädigt.

Besonders interessant verlief der Versuch, explizit jungen Menschen eine herausgehobene Stimme zu verleihen. Auch die Jungen Europäischen Föderalisten – ein europaweit organisierter und die EU-Politik begleitender Jugendverband – haben eine eigene Kampagne zur Konferenz organisiert und mit ihrem Projekt „Next Chapter Europe“ über 2000 junge Menschen für die Erarbeitung von Ideen mobilisieren können. So schwierig der nun beginnende Kampf um die Umsetzung dieser Ideen auch sein mag – dieses Engagement verdient unsere besondere Wertschätzung! Ich freue mich daher sehr, für die abschließende Veranstaltung von „Next Chapter Europe“ als Gesprächspartner angefragt worden zu sein. Wir wollen gemeinsam darüber sprechen, ob und wie die Wünsche von Jugendlichen im Entscheidungsprozess der Europäischen Union überhaupt Gehör finden und wie die angereisten Jugendlichen ihre Erfahrungen mit der Zukunftskonferenz rückwirkend bewerten.

24. Juni bis 26. Juni: Bundesparteitag DIE LINKE. in Erfurt

Als DIE LINKE. Delegation im Europaparlament sind wir natürlich auch vor Ort in dieser vielleicht ernstesten Stunde der Partei seit ihrer Gründung vor 15 Jahren. Wie auch meine Kolleg*innen werde ich die europapolitischen Themenstellungen und Herausforderungen an eine solidarische, geschlossen agierende und offene, emanzipatorische LINKE in Erfurt konkret in die Debatten einbringen. Das betrifft auch die vor uns liegenden Aufgaben, darunter die Vorbereitung der Europawahlen 2024, die der nächste bundesweite Wahlgang sein werden. Die Konferenz über die Zukunft Europas bietet uns viele wichtige Anregungen, die wir 2024 gestärkt in die europaparlamentarische Ebene tragen sollten. Wir werden als Delegation in Erfurt auch mit einem Stand präsent sein und eine Reihe von Materialien für Interessierte mitbringen und für Gespräche bereitstehen.

Weitere Informationen zum Parteitag von DIE LINKE. und den Link zur Live-Übertragung finden Sie hier.

Geburtstagsgrüße

Bei der gut ausgelasteten Woche darf natürlich ein schönes Ereignis am 21. Juni nicht untergehen. Das Team gratuliert Helmut herzlich zum Geburtstag und wünscht alles Gute für das neue Lebensjahr und weiterhin gutes Gelingen bei allen politischen Vorhaben!

Facebook  Twitter  YouTube
DIE LINKE im Europaparlament

Büro in Brüssel
Europäisches Parlament
ASP 02G354
Rue Wiertz 60
B-1047 Brüssel
Telefon: +32 228-45 89 3
Telefax: +32 228-49 89 3
helmut.scholz@ep.europa.eu

Büro des Europaabgeordneten Helmut Scholz in Berlin
Postanschrift:
Helmut Scholz MdEP
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Besuchsanschrift:
Unter den Linden 50
10117 Berlin
wk@helmutscholz.eu

Europa- und Bürgerbüro Rostock
Kröpeliner Straße 24
18055 Rostock
Telefon: 0179 758 41 26
wk@helmutscholz.eu

Europa- und Bürgerbüro Schwerin
Martinstraße 1A
19053 Schwerin
Telefon: 0179 758 41 26
wk@helmutscholz.eu

Europa-Wahlkreisbüro Frankfurt (Oder)
Zehmeplatz 11
15230 Frankfurt (Oder)
Telefon: 0151-53 69 84 15 und 03563-99 93 92 6
wk@helmutscholz.eu

Europäisches Regionalbüro Spremberg
Europejski regionalny běrow Grodk
Bauhofstraße 1
Twaŕski dwór 1
03130 Spremberg
03130 Grodk
Telefon: 0151-53 69 84 15 und 03563-99 93 92 6
wk@helmutscholz.eu

Wenn Sie diesen Newsletter nicht weiter beziehen wollen, können Sie hier ihre E-Mail-Adresse aus dem Verteiler austragen