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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 72, 30. September 2022
Liebe Leser*innen,

zwei gut gefüllte Wochen liegen hinter mir – eine Ausschussreise nach Australien und Neuseeland und das WTO Public Forum in Genf, beides habe ich in den letzten beiden Newslettern bereits abgesprochen. Aber sicherlich komme ich darauf in den nächsten Wochen, auch an dieser Stelle, noch zurück; denn die Vielzahl der Gespräche, Begegnungen und Debatten haben die vielen vor Herausforderungen, vor denen die europäische Politik steht, noch einmal sehr konkret klar gemacht. 

Am Sonntag wird in Brasilien gewählt. Die Wahl findet in einer Situation statt, die im bevölkerungsreichsten und größten Land Südamerikas nicht nur die tiefe soziale und auch politische Polarisierung der Gesellschaft widerspiegelt, sondern zugleich entscheidend für die Zukunft der Menschen und der Natur in Brasilien, und weit darüber hinaus, sein wird. Der rechtspopulistische  Amtsinhaber Bolsonaro hat mit seiner Politik der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes zugunsten einer profitablen, Export-orientierten Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche massiv und weitreichend zerstörend in Umwelt eingegriffen und damit zugleich die unwiederbringliche Auslöschung der Lebensräume der indigenen Bevölkerungen bedingt. Gegen ihn kandidiert der ehemalige Präsident Luiz Inacio „Lula“ da Silva von der linken Arbeiterpartei PT, der während seiner Amtszeit für Millionen Menschen beträchtliche Verbesserungen ihres Lebensstandards erreichte, auch wenn es ihm aufgrund der sehr differenzierten und komplizierten politischen Mehrheitsverhältnisse niemals gelang, eine Diversifizierung der Wirtschaft, gerade im Bereich der extraktiven Industrien und des Agro-Business, grundsätzlich auf den Weg zu bringen. Gespannt blicke ich also auf die Ergebnisse, auch wenn möglicherweise erst im zweiten Wahlgang Ende des Monats dann klarer sein werden dürfte, wie künftig in Brasilien regiert werden kann – im Sinne der dort lebenden Menschen und der Natur. Nicht zuletzt auch, weil der Handel zwischen Brasilien und der EU mit dem Mercosur-Abkommen vorangebracht werden soll. Wie in so vielen anderen Abkommen kommen konkrete Aufgaben und Auflagen für die Absicherung sozialer und politischer Menschenrechte, des Umweltschutzes und der gemeinsamen Anstrengungen für die Bewältigung des Klimawandels durch verbindliche Instrumentarien im Nachhaltigkeitskapitel zu kurz. Mehr dazu in der Veranstaltungsankündigung für den 04.10.; diese wird live übertragen, alle sind herzlich eingeladen, sich zuzuschalten.

Ab Montag starte ich in die Plenarsitzungswoche in Strasbourg, mit wiederum wichtigen Themenstellungen auf der Tagesordnung. Es wird um die Meerespolitik und die Biodiversität gehen, beides angesichts der fortschreitenden Klimakatastrophe besonders wichtige Themen. Daher bin ich gespannt, was die EU-Kommission hierzu berichten wird.

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine dauert nun schon mehr als 200 Tage an. Das Plenum wird deshalb auch hierzu wieder eine Debatte führen. Präsident Putin hat am heutigen Freitag nach den unrechtmäßigen Referenden in einigen Gebieten der Ukraine deren Annektion verkündet. Zudem ist die Teilmobilmachung gestartet, und viele Russen versuchen sich durch Flucht ins Ausland einer Einberufung zu entziehen. Rat und Kommission planen weitere Sanktionen. Die politische Frage und Herausforderung bleibt, wie der Krieg mit seinen dramatischen Folgen unter Wahrung der territorialen Souveränität der Ukraine mit politischen Mitteln beendet werden kann. Ohne einen entsprechenden mutigen und zugleich klugen Narrativwechsel aller Seiten und entschlossenes Handeln aller, auch der Zivilgesellschaften, wird dies kaum gelingen.

Der Tod von Mahsa Amini, während sie sich auf Grund von „unangemessener Kleidung“ in Polizeigewahrsam befand, beschäftigt auch im Rahmen einer Aussprache mit Josep Borell, dem Außenbeauftragten der Europäischen Union, das Europäische Parlament. Seit ihrem Tod kommt es im Iran zu tagtäglichen Protesten, die sich gegen die vom iranischen Regime ausgehende Unterdrückung von Individualität und Freiheitsbestrebungen insbesondere von Frauen richten. Gegen die an den Protesten beteiligten Menschen wird mit Brutalität vorgegangen, sie werden festgenommen und sollen als „Schwerverbrecher*innen“ verurteilt und jahrzehntelang in Haft genommen werden, ihnen drohen Folter und Todesstrafe. Der Zugang zum Internet wurde stark eingeschränkt, um die Kommunikation der Demonstrierenden untereinander zu erschweren. Für diesen Samstag sind weltweit Kundgebungen geplant, um sich mit den Kämpfen im Iran zu solidarisieren. Wir dürfen hierzu nicht schweigen!

Mehr zur kommenden Woche ist in den einzelnen Beiträgen zu lesen.

Ihr Helmut Scholz

3. Oktober: Plenarsitzung und Fraktionssitzung

Für mich kein Feiertag, sondern ein Arbeitstag mit dem Beginn der Plenarwoche in Strasbourg. Meinem Team in Deutschland gönne ich aber natürlich das lange Wochenende.

Im Plenum wird es heute um zwei große Themenkomplexe gehen. Als erstes erfolgt eine große Debatte zur Schaffung der Europäischen Gesundheitsunion. Konkret hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, mit der die Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten erfolgen soll. In einer zweiten Verordnung geht es um die Verbesserung der Kooperation der Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Bedrohungen der Gesundheit, zum Beispiel durch eine Pandemie oder andere auftretende Zoonosen.

Als zweites wird es um die Stärkung des Schutzes der Ozeane und der Biodiversität in den Meeren gehen, aber auch um Aquakultur. Die Kommission stellt ein Konzept vor, um gegen die Verschmutzung der Meere und der Küsten, gegen Verschmutzung durch Schiffe und gegen Ölverschmutzung vorzugehen.

Hier können Sie die Debatten in der Sprache Ihrer Wahl ab 17:30 Uhr live verfolgen.

In der Fraktionssitzung werden wir uns voraussichtlich zu den energiepolitischen Beschlüssen des Rates verständigen.

4. Oktober: Das einheitliche Ladekabel kommt

Viele Bürger*innen sind den Kabelsalat leid, der mit jedem Handy-Wechsel anwächst. Nun wird per Gesetz für die EU ein einheitlicher Ladegeräteanschluss eingeführt werden. Mit dieser Richtlinie wird eine USB-C-Ladestation für ein breites Spektrum von elektronischen Geräten verbindlich. Somit sollen alle neuen Geräte mit demselben Ladegerät aufgeladen werden können. Europaparlament und Rat haben sich darauf geeinigt, dass dies ab Herbst 2024 gelten soll, damit die Hersteller Gelegenheit haben, ihre Geräte entsprechend umzustellen. Damit kommen wir in puncto Klimaschutz ein Stück voran, weil die Anzahl der benötigten Ladegeräte sinkt und somit schlussendlich weniger Ressourcen verbraucht werden und weniger Abfall produziert wird.

Hier können Sie die Debatten in der Sprach Ihrer Wahl ab 09:00 Uhr live verfolgen.

4. Oktober: Fragestunde zur Kohäsionspolitik gegen Entvölkerung

In vielen Mitgliedstaaten der EU gibt es Landstriche, die unter einer regelrechten Entvölkerung leiden. Menschen ziehen zunehmend in Städte, um eine Perspektive zu suchen. In der aktuellen Fragestunde wird sich die EU-Kommission diesmal den Fragen stellen müssen, mit welchen Maßnahmen der Kohäsionspolitik gegen diese Phänomene von Entvölkerung vorgegangen werden kann. Ich bin gespannt, ob hier auch Möglichkeiten aufgezeigt werden, die für Teile von Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern interessant sein können.

Hier können Sie die Debatten in der Sprach Ihrer Wahl ab 15:00 Uhr live verfolgen.

4. Oktober: Bericht aus der Linksfraktion zum Menschenrecht auf Zugang zu Wasser

Mein spanischer Fraktionskollege Miguel Urban Crespo stellt an diesem Abend seinen wichtigen Bericht vor, in dem der Zugang zu Wasser klar als Menschenrecht definiert wird. Dabei blickt er insbesondere aus der außenpolitischen Perspektive auf die zu gestaltenden Politikerfordernisse.

In englischer Sprache finden Sie den Bericht bereits hier, die deutsche Übersetzung wird sicher auch bald bereitstehen.

Hier können Sie die Debatten in der Sprache Ihrer Wahl ab 21:00 Uhr live verfolgen.

04. Oktober: Brasilien nach der Wahl – Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Brasilien

Gewinnt der linke Hoffnungsträger Lula? Gewinnt erneut der Faschist und Schrecken der Bevölkerung des Amazonasgebietes Bolsonaro, der von den Evangelikalen und ihren TV-Predigern offen unterstützt wird? Wird zwei Wochen später eine Stichwahl nötig sein und was bedeutet das dann für die Polarisierung der Bevölkerung Brasiliens?

Ich freue mich sehr, dass es der RLS gelungen ist, mit dem früheren Außenminister Brasiliens Celso Amorim, der Professorin Terra Buddini und mir ein spannendes Podium zusammenzubringen, das von Claudia Horn moderiert wird und das Wahlergebnis vom 2. Oktober analysieren wird.

Hier finden Sie das Programm.

Bitte melden Sie sich an, um ab 20 Uhr live dabei zu sein, indem Sie eine Mail schicken an: manuela.kropp@rosalux.org

5. Oktober: Hauptdebatte zu Russlands Eskalation seines Angriffskrieges gegen die Ukraine

Während ich diese Zeilen schreibe, hält Vladimir Putin gerade seine Rede an das russische Volk, in der er die Aufnahme von vier Regionen der Ukraine ins russische Staatsgebiet verkündet. An die dort lebenden Menschen gerichtet ruft er aus: „Sie sind nun unsere Bürger, für immer.“ Das ist als freudige Botschaft gemeint. In der Realität ist dies eine dramatische Verschärfung der Spannungen und der politischen Instabilität in Europa.

Militärische Bemühungen der Ukraine um Rückeroberung ihrer besetzten Gebiete werden damit ab sofort in russischer Lesart ein Angriff auf russisches Staatsgebiet, unterstützt vom „Westen“, der das Ziel habe, Russland zu zerstören. Ein Angriff auf Russland ermöglicht gemäß der russischen Militärdoktrin auch den Ersteinsatz schwerer Waffensysteme, auch von Nuklearwaffen.

Die Bevölkerung und die politische Führung der Ukraine und auch die sie unterstützenden Regierungen werden dies zu Recht nicht akzeptieren und somit könnte durch diesen Schritt des Kreml der Krieg in eine neue Eskalationsstufe eintreten. In dieser Debatte im Europaparlament werden fast alle Stimmen sich für eine Unterstützung des Kampfes der Ukraine einsetzen, darunter einige wohl auch bis zur letzten Konsequenz: dem Kriegseintritt.

Für die Linksfraktion wird unser Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender der Partei DIE LINKE, Martin Schirdewan, in dieser Parlamentsdebatte sprechen und sich dafür aussprechen, alle Möglichkeiten für eine Deeskalation des Konfliktes auf diplomatischem Wege zu nutzen.

Hier können Sie die Debatte in der Sprach Ihrer Wahl ab 09:00 Uhr live verfolgen.

5. Oktober: Meine Rede zur Stärkung der Nachhaltigkeitskapitel in den Handelsabkommen der EU

Handelspolitik hat sehr viel damit zu tun, ob die Menschen in einem Land ein menschwürdiges Leben führen und Perspektiven entwickeln können. Erst am 27. September habe ich beim Public Forum der WTO im Namen des Europaparlaments eine Rede darüber gehalten, was wir in der WTO und in der internationalen Handelspolitik ändern müssen, um sie nachhaltig und inklusiv zu gestalten und so Ernährungssicherheit zu gewährleisten.

An diesem Tag werde ich mich nun zu diesem Thema auch im Plenum des Europaparlaments einbringen. Unter Kommissarin Malmström hatte die EU-Kommission sich auf den Weg gemacht, die EU Handelspolitik stärker in den Dienst von nachhaltiger Entwicklung zu stellen. Mit einem 15-Punkte-Plan sollte das umgesetzt werden. Das trug allerdings in der Realität harter handelspolitischer Interessenswahrnehmungen so wenig Früchte, dass die Kommission selbst sich aufmachte und ihren Aktionsplan überprüfte. Dabei kam ein wirklich auf die Dringlichkeit nachhaltiger Wirtschafts- und Handelspolitik fokussierendes, handhabbares und konstruktives Papier heraus. In vielen Bereichen zuspitzender und konkreter als die Resolution zum Thema, auf die sich die Fraktionen im Handelsausschuss nach vielen Wochen intensiver Verhandlungen in einem dennoch wichtigen Kompromiss einigen konnte. Es ist selten, dass wir als Parlament von der Kommission locker links überholt werden - und das beim Thema Nachhaltigkeit. Aber die Resolution wird sicher für die nächste Zeit erst einmal Kriterium der Wahrheit, wenn es an die Umsetzung der Handelspolitik in der Praxis geht.

Den Fragekatalog des Handelsausschusses, auf den die Kommission am Mittwochabend antworten muss, unterstütze ich hingegen voll. Wir brauchen ein Musterkapitel zu Nachhaltigkeit für alle Verhandlungen, wir brauchen eine Durchsetzung der bestehenden Verpflichtungen bei kluger Prioritätensetzung. Mehr Neuseeland, weniger Mexiko.

Passend zum Thema debattiert das Plenum gleich im Anschluss zu der vom Klimawandel verursachten Flutkatastrophe, durch die ein Drittel von Pakistan überschwemmt wurde. Millionen Menschen sind noch immer obdachlos und in Not.

Danach widmen sich die Debatten Fällen von Menschenrechtsverletzungen in Haiti, Myanmar und Äthiopien.

Leider erst am späten Abend gegen 21 Uhr wird sich die Kommission in einer Erklärung zu institutionellem Rassismus in der EU und dem Bruch von Grundrechten äußern.

Hier können Sie die Debatte in der Sprach Ihrer Wahl ab ca. 15:00 Uhr live verfolgen.

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