Mercosur - welche nächsten Schritte?

Plenarrede von Helmut Scholz

17.01.2013
Plenarrede, 17.01.2013, zu den Handelsbeziehungen EU-MERCOSUR

(es gilt das gesprochene Wort)

"Das Voranschreiten des politischen Integrationsprozesses in Lateinamerika ist beeindruckend. Es ist ein Emanzipationsprozess von globaler Bedeutung; die EU sollte sich konstruktiv zu diesem verhalten. MERCOSUR kommt für Südamerika in ökonomischer Hinsicht eine zentrale Bedeutung in diesem Prozess zu.

Unsere Partner in diesem Wirtschaftsraum haben uns eingeladen, diesen historischen Prozess durch ein faires und ausgewogenes bi-regionales Abkommen zu unterstützen. Ich begrüße, Herr Kommissar, deshalb ausdrücklich dass sich die EU, Brasilien und andere MERCOSUR-Staaten eindeutig darauf verständigt haben, mit ihren Handelsabkommen -Verhandlungen und dem Ausbau wirtschaftlicher Kooperation aktiv zur Erhaltung und Vertiefung des multilateralen Welthandelssystems und einer Wiederbelebung der DOHA-Runde beizutragen. Das erfordert aber die Revision der geltenden Doktrin, in Handelsabkommen stets ein Maximum für die Außenwirtschaftsinteressen der EU herauszuholen, gemessen jeweils an vergleichbaren Verhandlungsergebnissen der USA. Die weltwirtschaftliche Situation in der 2. Dekade des 21. Jahrhunderts erfordert angesichts der zu bewältigenden globalen Aufgabenstellungen - gute Arbeit für alle, Ausbildungschancen, Teilhabe an gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen, Bildung und Forschung, Überwindung von Armut und Hunger, Klimawandel, .... - eine neue Art der Handelszusammenarbeit. Meine Fraktion kann weiterhin nur konsequent gegen Abkommen stimmen, die sich dieser neuen Aufgabenstellung versperren und nach wie vor vor allem die Rohstoff- und Marktzugangsinteressen einiger weniger europäischer Konzerne befriedigen sollen. Jüngste politische Entscheidungen unserer Partner - darunter in Argentinien und Brasilien - machen deutlich, dass sich dort auch beim genauem Verfolgen der zunehmenden Krisenprozesse in der EU und den USA ein politischer Geist manifestiert, der die Wirtschaft wieder in den Dienst der Interessen der Gesellschaft stellen will. Wir könnten kein Abkommen akzeptieren, mit dem dieser Prozess sabotiert werden würde. Wir sollten vielmehr selbst genau hinsehen, was sich warum und wie in Lateinamerika und eben auch in den Mercosur-Staaten vollzieht. Und wir sollten schon im Nachdenken und ggf. im Überprüfen des noch alten Verhandlungs-Mandats unsere Schlussfolgerungen für eine konstruktive Neuanlage der EU-Mercosur- Verhandlungen ziehen. [Es ist absurd, wenn wir Länder wie Ecuador zwingen, sich zwischen einer Anbindung an Europa oder den MERCOSUR zu entscheiden.] Wir müssen unsere Partner in ihrer eigenständigen ökonomischen Entwicklung unterstützen und stärken und ihre souveränen Entscheidungen akzeptieren und berücksichtigen. Denn ein starkes, integriertes und wohlhabendes Lateinamerika ist auch die Voraussetzung für eine positive ökonomische Zukunft Europas."

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