Beitrag im Handelsausschuss, 13. September 2012: ACTA-Abkommen

13.09.2012

Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Abgeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Schutz von Erfindergeist und Unternehmen vor dem Raub ihrer Ideen ist ein wichtiges Anliegen, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Ich stelle jedoch erneut die Frage, ob Produktpiraterie eingeschränkt werden kann, wenn sich ein kleiner Club von Ländern auf ein Abkommen einigt, zumal diese Länder eher für Erfindungen als für Fälschungen bekannt sind. Diese Verhandlungen gehören meines Erachtens in einen internationalen Rahmen wie den der WIPO.

Also geht es generell um einen neuen Rahmen, eine Festlegung. Herr Kommissar, Ihre heutigen Schlussausführungen weisen in diese Richtung. Ich weiß, die Unterhändler von Kommission und Rat sind sich dieses Dilemmas bewusst. Als Ausweg wollen Sie Unternehmen mit einem umfassenden Klagerecht ausstatten, das in die Absatzmärkte der potenziellen Fälscher eingreift. Verhaften wollen Sie die Importeure, und laut Textentwurf noch immer auch den Endkunden, und zwar gleich an der Grenze, falls ein Vertragsstaat keine Ausnahme vornimmt. Wörtlich heißt es:

“Im Zuge von Grenzmaßnahmen können kleine Mengen an Waren ohne kommerziellen Charakter aus dem persönlichen Gepäck beschlagnahmt werden.”

Sie wollen sich dazu verpflichten, in der Europäischen Union eine Gesetzeslage zu schaffen, in der auf Verlangen eines Unternehmens aus einem ACTA-Staat importierte Waren oder auch Programme auf Anordnung der Justiz beschlagnahmt oder gar vernichtet werden können. Bei Bedarf sogar inaudita altera parte , also ohne die andere Partei anzuhören. Das klingt bei einem Container gefälschter Kettensägen vielleicht noch einfach. Aber das Abkommen will dieses Vorgehen auch auf Sachverhalte wie Softwarekomponenten ausdehnen.

Werden Softwareriesen wie Microsoft zur Jagd blasen können und ihre kleinerer Konkurrenten durch Prozesse und Verfahren erledigen? Auch die Riesen der Unterhaltungsindustrie haben erfolgreich ihre Anliegen in die ACTA-Verhandlungen eingebracht. Nicht nur Downloads und Kopieren sollen verfolgt werden, sondern sogar die Herstellung und Verbreitung von Technologien, mit denen unter anderem auch ein Kopierschutz umgangen werden kann.

Sie haben ausgeführt, dass es Fortschritte gibt, und die USA haben zwar ihre Forderung nach einer Haftung der Internet Service Provider fallen gelassen, im Strafrechtskapitel des Abkommens jedoch gibt es weiterhin den Paragraph zu aiding and abetting , also zur Beihilfe. Darüber hinaus müssten Provider auf begründetes Verlangen eines Unternehmens die Personendaten von Kunden übergeben, gegen die ein Verdacht der Urheberrechtsverletzung besteht. Wir haben in diesem Haus schon bei den SWIFT-Verhandlungen gelernt, dass zum Beispiel die Vereinigten Staaten einen Datenschutz nach dem Verständnis der Europäischen Union nicht kennen. Wie sieht das in den anderen Vertragsstaaten aus? Das Abkommen darf nicht in den Rechtstand der EU eingreifen. Kleine und mittlere Unternehmen müssen vor Patentfeldzügen der Softwareriesen geschützt werden, und der Schutz der Daten von Internetnutzern muss gewährleistet sein.

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20100908+ITEM-005+DOC+XML+V0//DE&language=DE&query=INTERV&detail=3-086[1]

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  1. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20100908+ITEM-005+DOC+XML+V0//DE&language=DE&query=INTERV&detail=3-086

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