„Wir wollen die EU, aber anders – solidarisch, friedlich und sozial!“

Helmut Scholz zu Gast im Brandenburgischen Bernau

12.04.2019
Wolfgang Kraffczyk
Helmut Scholz im Podiumsgespräch mit Dr. Dagmar Enkelmann

Das sagte unser Kandidat für die Wahl des Europäischen Parlaments, Helmut Scholz, bei einem Forum heute in Bernau. Damit stellte er sich demonstrativ hinter die Beschlüsse des Bonner Parteitages, der mit übergroßer Mehrheit das Wahlprogramm verabschiedet und kritischen Stimmen zur EU als „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“ eine Abfuhr erteilt hatte.

Dass die Haltung zur EU auch in anderen europäischen linken Parteien und Bewegungen ambivalent ist, bestätigte der Gast. So gebe es zum einen den Trend zur „Wiederbesinnung auf das Nationale“, zum anderen dominiere jedoch das Bestreben, die EU-Verträge kreativ für den sozialen Fortschritt und die Friedenssicherung zu nutzen. Beispielsweise konnte durchgesetzt werden, dass keine EU-Mittel in die Rüstung fließen. Allerdings werde dieses Verbot über den Umweg der Fördermittel für Wissenschaft und Technik mitunter umgangen.

Ungeachtet dessen habe die EU eine friedensstabilisierende Rolle, befördere den kulturellen Austausch, trage über ihre Förderprogramme zur Angleichung der wirtschaftlichen Entwicklung der Mitgliedsländer und der Regionen bei. So erhalte z.B. Brandenburg in der laufenden Förderperiode über 1 Mrd. EUR aus verschiedenen EU-Fonds. Nach Ansicht unserer Partei muss jedoch die Politik der EU zukünftig noch viel stärker soziale Aspekte berücksichtigen – beginnend bei verbindlichen Mindestlöhnen und Mindestrenten, über eine gerechte Steuererhebung bis hin zu bezahlbaren Mieten, gute Bildung, ärztliche Versorgung, öffentlichen Nahverkehr und nicht zuletzt dem Klimaschutz. Naturgemäß dominierte jedoch an diesem Abend das „Brexit“-Thema. Auch hier zeige sich, so unser Gast, dass neben der neoliberalen Politik der britischen Regierungen seit M. Thatcher die Vernachlässigung des Sozialen in der EU-Politik gerade auch im ländlichen Raum Großbritanniens zu Frustration und Enttäuschung geführt und Parolen der „Exiters“ besonders verfangen haben. Dabei gehe der Riss in der britischen Gesellschaft quer durch alle Schichten. Zunehmend werde das Thema zugleich zur Durchsetzung machtpolitischer Ambitionen genutzt.

Der nunmehr schon mehrfach verschobene Austritt Großbritanniens aus der EU mache auch deutlich, wie schwierig die Entflechtung der Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedsländern mittlerweile geworden ist. Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, aber auch kulturelle und soziale Fragen müssen neu geregelt werden. So müssen die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien gesichert werden. Eine Besonderheit ist zudem die bislang offene gemeinsame Grenze zwischen Irland als EU-Mitgliedsland und Nordirland als Bestandteil Großbritanniens.

Mit dem Austrittsabkommen zwischen der EU und Großbritannien sollte dieser Prozess in geordnete Bahnen gelenkt werden. Darüber hinaus stehen Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwischen beiden Seiten noch aus. Bislang ist der Ausgang der Auseinandersetzungen ungewiss. Ein zweiter Volksentscheid mit dem Votum für einen Verbleib in der EU sei nicht ausgeschlossen.

Der Kampf um „Europa“ dürfe nach Ansicht von Helmut Scholz trotz diverser Schwierigkeiten und Hemmnisse seitens der Linken nicht aufgegeben werden, zumal das Ringen von rechts um Vorherrschaft in der EU in den letzten Jahren intensiviert wurde. Leider fehle dafür bislang eine gemeinsame Strategie von links. Wie müsste z.B. eine soziale EU aussehen? Wie sind Pläne zur „europäischen Verteidigungsunion“ zu verhindern? Wie könnten elementare Menschenrechte überall in der EU durchgesetzt werden? Und wie sind für diese Ziele Mehrheiten zu organisieren?

Über das zukünftige Kräfteverhältnis in den EU-Institutionen entscheiden letztlich auch die Wähler*innen beim Urnengang am 26. Mai. Wir wünschten unserem Gast zum Abschluss jedenfalls viel Erfolg.

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