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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 142, 19. April 2024
Liebe Leser:innen,

diese Newsletter-Ausgabe ist in mehrfacher Hinsicht eine besondere. Zum einen kommt diese Woche das EU-Parlament zu seiner letzten Plenartagung zusammen, bevor die Bürgerinnen und Bürger am 9. Juni dann zum 11. Mal direkt das neue Parlament wählen. Die Tagesordnung des Straßburger Plenums ist entsprechend noch einmal mehr als gefüllt mit Entscheidungen zu letzten Gesetzgebungsakten, Initiativen und aktuell-politischen Debatten etwa zur Eskalation zwischen dem Iran und Israel, der Lage in Gaza und dem bereits seit Februar zweimal verschobenen Rück- und Vorausblick in Sachen EU-Erweiterung.

Wir Abgeordnete müssen auch über Regeln zur EU-weiten Haushaltskoordinierung entscheiden – angesichts einer Vorlage aus der Kommission, die eine drohende Rückkehr zu massiven Spareinschnitten vorsieht. Zu den Gesetzestexten gehört auch die finale Positionierung des EU-Parlaments zu den Trilogergebnissen im Hinblick auf die EU-Regelung für wirksame Rechte für Plattformarbeiter:innen wie auch die zu mehr Unternehmensverantwortung in Lieferketten (ich hatte hier in den Newslettern schon mehrfach über das Hin und Her zwischen EP und Rat berichtet) oder dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit.

Zum anderen heißt es mit der Neuwahl des EU-Parlaments auch, dass diese Ausgabe des Newsletters die vorletzte, direkt dem parlamentarischen Alltag gewidmete ist, in der ich Sie aus erster Hand über die Arbeit der Linken in Europa und meine persönlichen Schwerpunkte informieren kann. Ab dem kommenden Wochenende gehen dann alle mehr als 125 Parteien in der EU, die gegenwärtig im Europaparlament vertreten sind, aber noch viele mehr, die um einen Sitz in der so wichtigen, einzig direkt gewählten Institution der EU in den Europawahlkampf.  

Aus gesetzlichen Gründen wird deshalb auch in den letzten vier Wochen vor der Europawahl ab dem 6. Mai zudem auch der gemeinsame Webauftritt der linken MdEP, eingefroren. Sie können die Seite weiter besuchen, aber für aktuelle Stellungnahmen nutzen Sie bitte die persönlichen Webseiten und Kanäle der MdEP und Kandidat:innen. Auch ich werde Sie weiter über meine Website und Social-Media-Auftritte (facebook und Kurznachrichtendienst X) über empfehlenswerte Termine und wichtige Ereignisse informieren.

Ein Schwerpunkt dieser Woche ist die Frage der EU-Erweiterung. Neben einer Bilanz zu 20 Jahren Osterweiterung wird es am Donnerstag um die nächste Erweiterungsrunde gehen. Nachdem das Parlament schon im Februar seine Position zu dieser Frage festgezurrt hatte, wird die Kommission nun endlich Stellung zu den Forderungen des Parlaments vorlegen. Die Notwendigkeit, die EU durch institutionelle Reformen auf eine Erweiterung vorzubereiten, gehört dabei zu den Kernanliegen des Parlaments. Insbesondere das Einstimmigkeitserfordernis im Rat wird von den MdEP kritisch gesehen, kann es doch - auch bei überwältigenden Mehrheiten - von jedem Mitgliedstaat als faktisches Veto-Recht missbraucht werden.

Viele weitere Fragen wurden im Bericht des Parlaments zwar benannt, aber in der Ausführlichkeit und Komplexität der daraus erwachsenden Aufgaben doch weitgehend unterbelichtet: Etwa die künftige Finanzierung und Ausgestaltung des EU-Haushalts und damit zusammenhängend die Stärkung der sozialen Dimension der EU-Integration. Auch die notwendige Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik sollten eine viel größere Rolle spielen, um strukturschwachen Regionen eine wirkliche Chance auf Entwicklung und einen nachhaltigen Wandel zu geben. Das alles sind Fragen, denen sich die EU27 stellen muss, um überhaupt erweiterungsfähig zu werden – soll die nächste Erweiterungsrunde nicht zu Lasten der Bürger:innen, aber auch ihres Vertrauens in die demokratische Substanz der EU gehen. Ich erwarte daher, dass die Kommission sich in ihrer kommenden Stellungnahme endlich konkret und mit zeitlichen Vorgaben zu diesen Herausforderungen äußert.

Die Abgeordneten wollen sich am Ende der Legislatur auch mit der eigenen Arbeitsfähigkeit, mit Versäumnissen und dementsprechend dem Entwickeln von wirksamen Präventionsmaßnahmen für die Zukunft befassen. Das EU-Parlament ist in dieser Legislaturperiode von einigen Skandalen gebeutelt worden; insbesondere der Katar-Korruptionsskandal sticht heraus als Fall, in dem es scheinbar zu besonders unethischem Verhalten gekommen ist. Die notwendige Debatte darüber, wie genau wir die Freiheit des Abgeordnetenmandats definieren, wie wir die Einhaltung dieser Prinzipien und Normen garantieren, Verletzungen potenziell auch ahnen müssen, ist daraufhin innerhalb des Parlaments neu entfacht.

Ein 14-Punkte-Plan zur Stärkung der Integrität des Parlaments wurde verabschiedet und verschiedenste Arbeitsgruppen wurden damit beauftragt, neue Vorschläge für strukturelle Reformen zu erarbeiten. Schlussendlich wurden viele Sofort-Maßnahmen umgesetzt und auch die weitestgehende Überarbeitung der Geschäftsordnung seit mehr als 20 Jahren vorgenommen. Ich hatte berichtet, nahm doch die Mitarbeit in der Ständigen Arbeitsgruppe des Verfassungsausschusses für die Geschäftsordnung einen nicht unerheblichen Anteil meiner parlamentarischen in Anspruch – und das neu gewählte Parlament wird dann nach den letzten Reformen arbeiten.

Als einziges Mitglied unserer Fraktion im Beratenden Ausschuss zum Verhalten von Mitgliedern habe ich den oben angesprochenen Prozess der Umsetzung des Verhaltenskodex der Abgeordneten eng begleitet – die Arbeit in den vergangenen Monaten hat zugleich sehr deutlich vor Augen geführt, wie nötig es ist, endlich eine zentrale und unabhängige Anlaufstelle zu haben, an die wir uns als Parlament – bestenfalls aber auch alle anderen EU-Institutionen – wenden können, wenn ein Verdacht auf Fehlverhalten vorliegt. Gemeinsame Standards könnten außerdem mehr Klarheit für alle Mitarbeitenden und mehr Vertrauen für alle Bürger:innen schaffen.

Seit Jahren setzen wir uns als Linke daher für die Schaffung eines interinstitutionellen Gremiums für ethische Normen ein – und mit dem notwendigen Mut für ein solches Engagement könnte diese Forderung endlich Realität werden: Das Parlament hat in den vergangenen Monaten enge Verhandlungen mit den anderen EU-Institutionen geführt. Nach langen – leider viel zu sehr intransparenten - Verhandlungen eines EP-Verhandlungsteams mit der Kommission, dem Rat und weiteren EU-Institutionen, u. a. dem Ausschuss der Regionen oder auch dem Wirtschafts- und Sozialausschuss – liegt nun das Ergebnis vor. Im Detail bin nicht zufrieden mit dem Vorschlag, zugleich aber sichert das Resultat, dass wir einen großen Schritt nehmen können auf dem Weg zu einheitlichen und nachvollziehbaren EU-Ethik-Standards und ihrer Überprüfung. Die konservative EPP hat bereits angekündigt, gegen den Vorschlag zu stimmen – ich halte es dagegen, bei allen Kompromissen und auch dem Aussteigen des Rates, sich horizontalen, für alle EU-Institutionen gleiche Maßstäbe herstellenden Verpflichtungen und Normen zu „unterwerfen“, für wichtig, diesen Fortschritt nominell zu unterstützen.

Auch handelspolitisch werden in dieser letzten Plenarwoche des 9. Europäischen Parlaments weitere gesetzgebende, zentrale Weichen gestellt: So stehen sowohl die endgültigen Verhandlungsergebnisse zur Lieferketten-Richtlinie als auch das EU-weite Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit zur Abstimmung. Trotz großem Widerstand des Rates und einigen Verwässerungen auf der Ziellinie sind die jetzt abzustimmenden Ergebnisse und damit zentrale Vorhaben der EU ein wichtiger Fortschritt für Menschenrechte und Umweltschutz. Es ist wichtig, diese jetzt über die Ziellinie zu bringen, denn die Zusammensetzung des neuen Parlaments deutet an, dass diese Fragestellungen schon sehr bald in den Hintergrund rücken könnten.

Ein besonders intensiv diskutiertes Thema ist daneben die Verlängerung der Handelserleichterungen für die Ukraine: Nachdem der Rat dem Parlament eine Neuverhandlung des bereits beschlossenen Kompromisses abgerungen hatte, liegt jetzt ein ausgewogener Kompromiss vor; beste Voraussetzungen, um einerseits solidarisch mit der von Krieg und Zerstörung und andauernden Kriegshandlungen der Russischen Föderation konfrontierten Ukraine zu bleiben und gleichzeitig die in der EU erzeugenden Landwirte durch strengere Einfuhrvoraussetzungen zu schützen. Fraglich ist noch, ob auch über die Reform des Allgemeinen Präferenzsystems für die einkommensschwächsten Länder der Welt abgestimmt wird. Zuletzt lagen die Positionen von Rat und Parlament zu weit auseinander, um einen Kompromiss zu erreichen.

Auch ein feierlicher Tag erwartet uns diese Woche: Am Donnerstag jährt sich die Befreiung Portugals von Faschismus und Unterdrückung zum 50. Mal. Im Morgengrauen des 25. April 1974 hatten sich Mitglieder der Streitkräfte gegen das Regime erhoben. Zu den Auslösern für den Widerstand gehörten die jahrelangen Kriege gegen Befreiungsbewegungen in den portugiesischen Kolonien. Die portugiesische Nelkenrevolution gelang nahezu gewaltfrei und zog weitere demokratische Umbrüche in Südeuropa nach sich: Noch im gleichen Jahr fiel die griechische Militärdiktatur, im Folgejahr fiel das Franco-Regime in Spanien. In diesem Sinne: Grândola Vila Morena am 24. April!

Und gewiss werden viele Abgeordnete in dieser Parlamentswoche auch ihren Abschied aus den Reihen der 705 Mitglieder bekanntgeben: in Treffen und mit Gesprächen und mit dem Vorsatz, politisch aktiv zu bleiben – wo und wie auch immer.

Ihr Helmut Scholz

Auf der Tagesordnung

Diese Woche kommen die Mitglieder des Europäischen Parlaments zur letzten Plenartagung vor der Europawahl am 9. Juni zusammen. Alle Debatten werden live übertragen. Hier einige Highlights aus meiner Sicht und weitere Termine:

 

Montag, 22. April

Aussprache zum Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit

  • Plenardebatte mit Helmut Scholz und Anabela Rodrigues für THE LEFT
  • Wann? 22. April, ab ca. 20:00 Uhr
  • Wie? im Europäischen Parlament & im Livestream

 

Dienstag, 23. April

Aussprache zur wirtschaftspolitischen Steuerung und einem drohenden Sparkurs in der EU

  • Plenardebatte mit Manon Aubry, José Gusmao und Chris Macmanus für THE LEFT
  • Wann? 23. April, ab ca. 9:30 Uhr
  • Wie? im Europäischen Parlament & im Livestream

 

Mittwoch, 24. April

Aussprache zum Untersuchungsrecht des EU-Parlaments 

  • Plenardebatte mit Helmut Scholz für THE LEFT
  • Wann? 24. April, ab ca. 16:00 Uhr
  • Wie? im Europäischen Parlament & im Livestream

 

Donnerstag, 25. April

Aussprache zu Reformen im Vorfeld der EU-Erweiterung

  • Plenardebatte mit Helmut Scholz, Katerina Konecná und Emmanuel Maurel für THE LEFT
  • Wann? 25. April, ab ca. 9:45 Uhr
  • Wie? im Europäischen Parlament & im Livestream

 

Samstag, 27. April

Am besten gemeinsam - Europafest Zittau 

  • Grenzüberschreitendes Europafest am Dreiländereck Zittau mit Musik, Debatten, Spielen... Politisches Picknick ab 14 Uhr mit Helmut Scholz, Anna Cavazzini, Peter Jahr und Barbara Gessler
  • Wann? 27. April ab 11 Uhr
  • Wie? Fest am Dreiländerpunkt. Programm und weitere Informationen finden Sie hier.
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