"Reden wir Klartext, Europa!"

Helmut Scholz im Gespräch mit SchülerInnen des Karl-Liebknecht-Gymnasiums Frankfurt (Oder)

05.05.2017
Felix Thier
Selfie-Time zur Erinnerung!

Zum Einstieg eine provokante Frage: "Wie kommen wir aus der Krise von Sparpolitik und sozialen Problemen in Europa raus? Sollte man mehr oder weniger Europäische Union wagen?" Damit eröffnete Helmut Scholz das Gespräch mit SchülerInnen der 10. Jahrgangsstufe des städtischen Gymnasiums I in Frankfurt (Oder). Die prompte Antwort aus deren Reihen: "Mehr Zusammenarbeit und Dialog."

Frage und Antwort mit Helmut Scholz

Und dann ging es auch schon in den direkten Frage-Antwort-Austausch.

Was erwartet Helmut Scholz bei einem Gewinn von Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich? Es sei wohl mit einer massiven Kapitalflucht zu rechnen, auch der Euro würde an Wert verlieren, so der Europaabgeordnete. Massive Verwerfungen in den EU-Staaten wären die Folge, ebenso käme wohl die Neuverhandlung der Europäischen Verträge auf die Agenda.

Wie soll man mit Rechtspopulisten umgehen? Dabei muss man sich aus Sicht von Helmut Scholz die Ursachen für deren Stärke betrachten. Die Politik hat beim Erklären der Europäischen Union (EU) versagt. Gutes und Erfolgreiches wird immer als gemeinsames Wirken von EU und Nationalstaaten verkauft, schlechtes war dann aber immer nur die EU ("Die in Brüssel haben beschlossen ...") allein. Das ist ein Defizit an demokratischer Mitnahme auf großer Ebene. Dadurch erfolgt aufgrund von Enttäuschungen eine Rückbesinnung auf den Nationalstaat. Ein Mitentscheiden und Verstehen steht aber oft im Konflikt mit der Komplexizität und der langen Dauer der Prozesse. Die EU muss beliebter gemacht, beworben werden, das Projekt und die Idee von Europa muss erklärt werden. Und vor allem: Transparenz! Mit dieser Forderung erntete Helmut Scholz mit den Beispielen der intransparenten Freihandelsabkommen, z. B. TTIP, deutliche Zustimmung. In diesem Zusammenhang ging der Europaabgeordnete auch näher auf seine Rolle und Positionen bei den Verhandlungen solcher Freihandelsabkommen ein. Was wäre, wenn die Verhandlungen jener Abkommen öffentlich wären? Hätte es Auswirkungen auf deren Abschluss? Brächte eine frühzeitige Beteiligung des Europäischen Parlaments nicht Transparenz und am Ende gar mehr Akzeptanz? Eine höchstmögliche Öffentlichkeit würde auch frühzeitig die Erfolgsaussichten solcher Abkommen aufzeigen.

Den Abschluss des gut zweistündigen Austausches bildete dann ein Appell von Helmut Scholz an die SchülerInnen: Das Projekt Europa ist ein seit nunmehr über 60 Jahren währendes Zeitalter des Friedens auf unserem Kontinent und eine Verantwortung für uns alle. Und man sollte immer dran denken: Es ist keine Selbstverständlichkeit! Eintreten und streiten für und in der Demokratie ist Aufgabe für jeden!

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