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Helmut Scholz: Plenarrede zu ICI+

20.10.2010

Das Finanzierungsinstrument für die Kooperation mit industrialisierten Ländern wird in dieser Legislaturperiode grundlegend verändert. Bis zu 348 Millionen Euro wollen wir freigeben für die Zusammenarbeit in Bereichen wie Wissenschaft, akademischer Austausch (auch Erasmus Mundus), Kultur, Umweltschutz und erneuerbare Energien und Stimulation bilateraler Handelsbeziehungen. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen dabei besonders berücksichtigt werden.

Helmut Scholz: Plenarrede zu ICI+

Das Finanzierungsinstrument für die Kooperation mit industrialisierten Ländern wird in dieser Legislaturperiode grundlegend verändert. Bis zu 348 Millionen Euro wollen wir freigeben für die Zusammenarbeit in Bereichen wie Wissenschaft, akademischer Austausch (auch Erasmus Mundus), Kultur, Umweltschutz und erneuerbare Energien und Stimulation bilateraler Handelsbeziehungen. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen dabei besonders berücksichtigt werden.

Neu ist, dass mit ICI+ nun auch in Entwicklungsländern Projekte finanziert werden können, und zwar solche Projekte, die nicht unter die allgemeine Definition von Maßnahmen der Entwicklungshilfe fallen, wie zum Beispiel die Entsendung von europäischen Studierenden an Hochschulen in Afrika, Asien oder Lateinamerika.

Mit der Neufassung der Verordnung haben wir die sich aus der geographischen Erweiterung ergebenden Chancen und Herausforderungen deutlich zu benennen: eindeutig wird festgelegt, wer wofür und zu welchen Bedingungen finanzielle Unterstützung bekommen kann.

Neu ist auch, dass in der Verordnung vorgeschrieben ist, bei der Vergabe von Mitteln darauf zu achten, dass die Partnerländer die Kernarbeitsnormen der IAO einhalten und sich für die Verringerung der Treibhausgasemission einsetzen. Rechtstaatlichkeit und menschenwürdige Arbeit wurden zum Kooperationsziel erhoben.

Ich halte es für absolut notwendig, dafür zu sorgen, dass bei der Gewährung der Finanzhilfen an den Grundprinzipien der EU keine Zugeständnisse gemacht werden dürfen.

Bei Förderungen in Entwicklungsländern ist künftig auf die Kohärenz der Politiken zu achten, insbesondere auf Einklang mit den Maßnahmen gegen die Nahrungsmittelkrise.

Bei der Abstimmung des Berichts ist der Ausschuss für Internationalen Handel ist dabei meiner Empfehlung gefolgt, für ICI+ keine bislang für die Entwicklungshilfe gedachten Gelder umzuwidmen. Die Abstimmung zu diesem Punkt war knapp.

In erfolgreichen Kompromissverhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament haben wir dieses Finanzierungsinstrument an die Herausforderungen der Zukunft angepasst und uns zu allen inhaltlichen Fragen geeinigt.

Der große Kampf zwischen dem Europäischen Parlament und Rat und Kommission entbrannte nun jedoch über eine Frage der Gewaltenteilung, eine Frage der Demokratie: den so genannten "delegated acts" "delegierten Rechtsakten".

Worum geht es dabei?

Wir wollen erfüllen, was wir als unsere Pflicht gegenüber den Wählerinnen und Wählern sehen: wir wollen prüfen, ob die mehrjährige Strategieplanung von EAD und Kommission zur Umsetzung unserer Verordnungen auch dem Geist der Gesetzgeber entspricht. In der Vergangenheit galt in der Kommission ja leider oft: "Papier ist geduldig".

Aus dem Lissabon-Vertrag ergibt sich unsere neue Rolle und Pflicht als Gesetzgeber und wir fordern ein Veto-Recht ein. Alle Berichterstatter für die verschiedenen außenpolitischen Finanzierungsinstrumente, die Ausschussvorsitzenden und die Fraktionsvorsitzenden sind sich einig: wir werden für dieses demokratische Recht kämpfen.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um tiefer auf die Substanz unserer Auseinandersetzung einzugehen. Exemplarisch möchte ich dafür das Strategiepapier der Kommission zum ICI+ heranziehen, das ich hier vor mir liegen habe.

Die in diesem Papier beschriebene mehrjährige Planung der Kommission verwendet als Referenzdokument nicht etwa die geänderte Verordnung, in die Parlament und Rat als Gesetzgeber sehr viel Zeit und Arbeit investiert haben. Das eigentliche Referenzdokument ist vielmehr die Mitteilung "Global Europe" der Kommission selbst.

Während die Gesetzgeber der Verordnung einen ganz neuen Tenor gegeben haben, nämlich den der partnerschaftlichen Herangehensweise und des wechselseitigen Nutzens,

und während die Gesetzgeber die Verordnung in den Kontext anderer zentraler Politikziele der Europäischen Union stellen, insbesondere der Kohärenz mit Entwicklungspolitik, der Durchsetzung internationaler Normen im Arbeitsrecht und der Bekämpfung des Klimawandels,

ignoriert das Strategiepapier diesen Willen der Gesetzgeber überwiegend und führt stattdessen die veraltete, die spätestens mit der aus der Wirtschaftskrise folgenden Handelsprobleme auch obsolete Sprache aus Global Europe fort. Namentlich: Ziel der Mehrjahresplanung sei die Durchsetzung europäischer Wirtschafts- und Gewinninteressen. Das Instrument solle - so wörtlich - Schwierigkeiten bei der Penetrierung bestimmter Märkte durch EU Unternehmen beheben.

Herr Kommissar, dafür haben die Gesetzgeber das Instrument und die entsprechenden Steuergelder nicht gedacht. ICI+ soll ein modernes Kooperationsprogramm sein und keine Eroberungswaffe.

Es ist die Pflicht der Kommission, den Willen der Gesetzgeber umzusetzen und wir sind keine Handelskammer; vielmehr vertreten wir die und agieren für Interessen aller Bürgerinnen und Bürger.

Ich wiederhole noch einmal: zu allen inhaltlichen Punkten konnten sich Rat und Parlament bereits lange vor dem Sommer einigen.

Dennoch hat mir der zuständige Beamte der Kommission mitgeteilt, dass die Kommission nicht gedenkt, ihre mehrjährige Planung zu überarbeiten und an den neuen Text der Verordnung anzupassen.

Herr Kommissar, das ist ein Politikverständnis von gestern. Wir verteidigen heute auch deshalb so energisch unser Recht auf Kontrolle, weil sich die Kommission bei ihrer Planung künftig direkt nach den Vorgaben der Gesetzgeber zu richten hat und nicht nach ihren eigenen Mitteilungen. Sonst sitzen wir hier weiter und wundern uns, warum die von uns für bestimmte Zwecke zur Verfügung gestellten Steuergelder nicht die von uns bezweckte Wirkung erzielen.

Lassen Sie es mich exemplarisch auch so verdeutlichen: Für uns sind die Länder Südostasiens nicht lediglich "Juniorpartner", wie von der Kommission benannt. Bei der Kooperation mit Zentralasien soll sich das Instrument nicht lediglich auf den EU-Zugang zu den dortigen Gasreserven konzentrieren.

Ich hoffe, auf die Zukunftsfähigkeit der neuen Verordnung zurückkommend, dass auch dieses Finanzierungsinstrument dem gleichberechtigten Austausch zwischen der EU und Drittstaaten zugute kommt und dazu beiträgt, Weltoffenheit, verantwortungsvolle Unterstützung nachhaltiger Entwicklungsprozesse im Interesse der Bürgerinnen und Bürger voranbringt.

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