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Deutschland bremst bei Konfliktlösung

27.09.2011

Interview im Neuen Deutschland: Europapolitiker Helmut Scholz zur EU-Position gegenüber dem palästinensischen Antrag

Wie stellt sich das Europäische Parlament zum Antrag der Palästinenser auf Vollmitgliedschaft in der UNO?

Wie in allen EU-Mitgliedsstaaten gibt es auch im Europäischen Parlament dazu unterschiedliche Ansichten. Soweit ich das abschätzen kann, werden viele Abgeordnete quer durch alle Fraktionen – und natürlich auch die Delegation der LINKEN – sich für eine aktive EU-Position zur Unterstützung des Vorhabens aussprechen. Es gibt aber in dieser Frage bislang keine gemeinsame Resolution des Parlaments.

Sie kennen die dramatische Lage in den palästinensischen Gebieten aus eigenem Erleben. An dieser Situation wird sich mit dem Antrag nichts ändern.

Der Antrag hat natürlich vor allem symbolische Bedeutung. Er politisiert die weltweit von vielen maßgeblichen politischen Kräften unterstützte Zwei-Staaten-Lösung, die eine friedliche, dauerhafte Koexistenz zweier lebensfähiger Staatswesen sichern kann und muss. Letztlich wird damit eine neue, aktive Verhandlungsposition der Palästinenser gegenüber Israel ermöglicht. Zugleich sollte die israelische Führung begreifen, dass die Palästinenser ihre engsten Verbündeten für eine soziale, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung in der Region sind. Wie die jüngsten Proteste gezeigt haben, sind gerade die jungen Menschen auch in Israel der alten Politik von Mauern, Ausgrenzung und Gewalt überdrüssig. Diese Wiedergewinnung gemeinsamer Zukunftsperspektiven kann mit dem Antrag der Palästinenser auf Aufnahme in die UNO als Vollmitglied durchaus forciert werden.

Israel hat aber bereits erklärt, dass sich der palästinensische Antrag in der UNO negativ auf die Friedensverhandlungen auswirken wird.

Praktisch gibt es doch keinen Friedensprozess. Im Gegenteil: Dieser wird unter anderem verhindert, weil die Siedlungspolitik der Regierung Netanjahu das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes ignoriert. Und dies ist auch eine der Ursachen für die andauernde Gewalt. Der gemeinsame Appell von Politikern aus verschiedenen europäischen Ländern betont, dass der Antrag der Palästinenser auf Vollmitgliedschaft in der UNO ein Schritt zu einer Friedenslösung und nicht von ihr weg ist. Eine solche Lösung ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Umbrüche in nordafrikanischen Staaten notwendig: Ohne Lösung des Nahostproblems kann der »arabische Frühling« nicht von Dauer sein, können die demokratischen Bestrebungen der Menschen in der Region auf Selbstbestimmung in andere Richtungen gedrängt werden.

Zumindest in jüngster Zeit macht sich die europäische Seite stark für demokratische Veränderungen in Nordafrika, im Nahen Osten ist das Engagement dagegen sehr beschränkt. Kuscht die EU vor Israel?

Man könnte sagen, die EU kuscht. Aber wer ist denn »die EU«? Obwohl die Europäische Union die Standarte einer gemeinsamen Außenpolitik vor sich herträgt, hat sie eine solche eben nicht. Der internationale Kurs ist immer das Ergebnis der Abstimmung zwischen den Mitgliedsstaaten. Bei der Haltung zum Nahostkonflikt verweigert sich nicht zuletzt Deutschland einem gemeinsamen Ansatz. Damit liegen Merkel und Westerwelle auf einer Linie mit US-Präsident Obama, der im Gegensatz zu seinen Ankündigungen vor zwei Jahren in Kairo nun auch auf die Bremse tritt. Aber gerade als derzeitiges nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat ist Deutschland mit seiner sich aus der Vergangenheit ergebenden Verantwortung gegenüber Israel gefordert, einen konstruktiven, positiven Beitrag zur Unterstützung des palästinensischen Antrags zu leisten.

Fragen: Uwe Sattler

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