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Völkerrecht und Friedensstiftung

30.07.2009

Konferenzrede von Helmut Scholz auf der 2. Genozidkonferenz in Dhaka, Bangladesh (Liberation War Museum)

Es gilt das gesprochene Wort

Anrede

I. Aus mindestens zwei Gründen bin ich sehr dankbar, dass mich die Vertreter des Liberation War Museum erneut nach Dhaka eingeladen haben. Zum einen geben sie mir die Möglichkeit, einen Beitrag im Rahmen der 2. Genozid-Konferenz hier in Dhaka zu leisten.

Zum anderen hat sich Bangladesh seit dem vergangenen Jahr gravierend verändert. Ich habe die Hoffnung, hier vor Ort, möglichst vieles von dem, was im Wandel ist, zu erfahren. Die Wahlen haben wichtige Debatten um die Geschichte, die Identität und die Zukunft Bangladeshs belebt. Ein neues Fenster für die gesellschaftliche Aufarbeitung und für die rechtliche Verfolgung und Verurteilung der Verbrechen von 1971 ist geöffnet. Die Chance, dass das „International Crime Tribunal Act of 1973“ die Arbeit wieder aufnehmen kann, ist gewachsen. Dabei äußern Menschen aus Bangladesh auch ihre Hoffnungen, bei den Bemühungen um eine Aufarbeitung der Verbrechen von 1971 von den UN und die EU unterstützt zu werden. Mit der 2. Genozid-Konferenz stellen sie die historische Aufarbeitung bewusst in einen internationalen Kontext.

Die Maßstäbe an die Transparenz und Unabhängigkeit völkerrechtlicher Prozesse sind enorm gewaschen. Das 20. Jahrhundert hat mit Weltkriegen begonnen und auch am Ende steht der Krieg in Jugoslawien, der erste und zweite Golf-Krieg, die Verbrechen in Ruanda, ein Naher Osten ohne Friedenslösung und viele weitere verschwiegene, vergessene gewaltsame Konflikte. Obwohl 1948 – mit den Vereinten Nationen - ein neues Kapital des Völkerrechts aufgeschlagen wurde, sind Fragen nach einer friedensstiftenden Funktion des Völkerrechts bis heute ungelöst.

Das Verhältnis des Völkerrechts zur Machtpolitik in den internationalen Beziehungen wird – auch angesichts der anhaltenden gewaltsamen Konflikte, angesichts drohender Rohstoffkriege - wieder zunehmend thematisiert.

Die Folgen wachsender wirtschaftlicher Ungleichheit, des ungelösten Nord-Süd-Konflikts, politisch instrumentalisierter Konflikte stellen die bisherige Funktionsweise des Völkerrechts auf dem Prüfstand.

Mit der Abwahl der Bush-Administration ist weltweit die Hoffnung auf eine multilaterale Außenpolitik der USA verbunden. Dies ist zugleich für die Europäische Außen- und Sicherheitspolitik und für die Prinzipien des internationalen Handels eine neue Herausforderung. Es wird erst dann eine international gerechte Wirtschaftsordnung und mehr Chancen für soziale Gerechtigkeit geben, wenn der Prozess der Dekolonialisierung weiter voranschreitet. Erst eine multilaterale Außenpolitik der USA wäre ein Garant gegen die Verewigung des derzeitigen Macht- und Wohlstandsgefälles. Deshalb ist das Völkerrecht dahingehend weiterzuentwickeln, dass internationale Beziehungen tatsächlich und dauerhaft auf gleicher Augenhöhe begründet werden. (vgl. Paech, Stuby 2001, 30) (1)

Der Anspruch der Friedensstiftung an die Globalisierung von rechtlichen Prinzipien ist an die Garantie der Unteilbarkeit und Universalität des Völkerrechts gebunden. Zum einen – wie schon gesagt – taucht der Machtwechsel in den USA hier die internationalen Debatten in ein neues Licht. Zum anderen lässt sich dieser Wandel nicht allein aus den Reden Barack Obamas – beispielsweise in Accra, Ghanas Hauptstadt – herausfiltern. Viele praktische Prozesse weltweit, haben das Denken des neuen Präsidenten der USA beeinflusst. Dazu gehört auf jeden Fall die sukzessive Ablösung des G8-Gremiums durch die G20-Treffen. Herausforderungen, wie ein Stopp dem Klimawandel oder die Bewältigung der Finanzkrise, ist das G8-Gremium längst nicht mehr gewachsen. Wenn die G20-Treffen bisher eher symbolische Schritte hin zu einer gerechteren Weltordnung verkörpern, so ist deren Zustandekommen selbst ein Verweis auf die offenen Probleme gleichberechtigter internationaler Beziehungen und auf den dringenden Reformbedarf der UN.

Als ich 2008 hier in Dhaka zu Besuch war, habe ich den Ausgangspunkt meiner Überlegungen nach 1945 gewählt. Europa hatte seine eigenen Traditionen und Kulturen gerade unter der Asche des Krieges und des Völkermordes begraben. Mit den Nürnberger Prozessen bin ich auf ein europäisches Erinnerungsreservoir an internationaler Strafgerichtsbarkeit eingegangen, die weit über den Kontinent hinaus, die Geschichte des modernen Völkerrechts geprägt hat.

1998 beginnt mit dem Statut von Rom und der Begründung des ICC ein neues Kapitel in der Geschichte des Völkerrechts. Ausgerechnet die USA, die in den Nürnberger Prozessen eine entscheidende Rolle spielte, lehnt den Internationalen Strafgerichtshof bis heute ab. Der – von historischen Ereignissen unabhängige - internationale Strafgerichtshof kann keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor 2002 zur Anklage bringen. Seine Etablierung, sein Statut, haben aber eine alles entscheidende Frage neu gestellt. Es geht – so meine Auffassung - um seine friedensstiftende Funktion, um eine gewaltfreie Gestaltung von Gesellschaften nach gewaltsamen Konflikten bis hin zum Genozid. Damit ist die Entstehungsgeschichte des ICC auch für das Gestaltung des juristischen Umfeldes von zurückliegenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit von enormer Bedeutung. Erlauben sie mir daher in drei Thesen, ein Umfeld zu beschreiben, in dem eine friedensstiftende Funktion eines modernen Völkerrechts realistisch ist.

II.
Meine erste These lautet: Jede gesellschaftliche und juristische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wird seine nachhaltigen Wirkungen nur entfalten, wenn sie ein hohes Maß an Transparenz, an Zugänglichkeit zu Informationen für breite Öffentlichkeiten gewährleistet. Ermittlungsarbeit, Forschung, investigativer Journalismus haben hier ihre hohe Existenzberechtigung, um ein aufklärendes Klima in den öffentlichen Debatten zu schaffen.

Zweitens kann die notwendige völkerrechtliche Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit immer nur ein Teil einer umfassenden geschichtlichen Aufarbeitung und kulturellen Debatte sein. Die friedenserhaltende Funktion des Völkerrechts kommt erst zum Tragen, wenn die juristischen Prozesse gesellschaftlich begleitet werden, aus Urteilen weder Schlussstrichdebatten abgeleitet noch Geschichtsvergessenheit Vorschub geleistet wird. Aufarbeitung ist mehr als die notwendige rechtliche Auseinandersetzung. Sie muss ein Klima des Dialogs und der Versöhnung herstellen, um ein generationsübergreifendes Interesse zu wecken, in dem die komplexen Motive und gesellschaftlichen Ursachen von Gewalt und Verbrechen aufgearbeitet werden können. Das schließt unbequeme Fragen nicht aus – im Gegenteil. Im gewissen Sinne müssten öffentliche Debatten kein juristisches, aber ein kulturelles Absolutionsklima erzeugen, indem die Chance besteht, dass das historische Verständnis von Tätern und von Opfern wachsen kann. Solange der Komplex von gesellschaftlichen Konfliktursachen und –folgen im Dunkeln bleibt, ist eine juristische Aufarbeitung über die Anerkennung individueller Schuld hinaus folgenlos. Strafe und Sühne kehren sich ohne gesellschaftliche Begleitung nur in Vorboten der Rache oder werden in Martyrerlegenden gegossen und ideologisch missbraucht.

Es kann bei jeder Aufarbeitung niemals um Relativierung gehen, sondern immer um das Ringen um Verständnis, wie es zu Gewalt, Krieg und Verbrechen kommt. Nur in offenen Lernprozessen können Lehren für die nächste Generation formuliert und wach gehalten werden.

Deshalb ist sowohl die juristische als auch die historisch- gesellschaftliche Aufarbeitung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit – so meine dritte These – immer vor politischer Instrumentalisierung zu schützen. Dies bedeutet, dass Verfahren installiert werden müssen, die eine unabhängige Ausübung völkerrechtlicher Strafprozesse gewährleisten. In dieser Hinsicht stellt der Verfahrensaufnahmemechanismus, wie ihn der Art. 13 des Römischen Statuts für die Ankläger des ICC vorsieht, einen Sprung in die Unabhängigkeit zukünftiger Völkerrechtstribunale dar. Der sogenannte Trigger-Mechanismus der Verfahrensaufnahme sieht drei voneinander unabhängige Auslöser für die Verfahrensaufnahme vor: die Überweisung der Vertragsstaaten, die Überweisung durch den UN-Sicherheitsrat, aber auch die Kompetenz des Anklägers – auf der Basis „inhaltlich verhärteter Informationen“ nur mit einer Kontrolle durch eine Vorverfahrenskammer von Amts wegen tätig zu werden. (2) Diese Rechtgrundlage gilt gegenüber den ad-hoc-Strafgerichtshöfen von Nürnberg, Tokio, Jugoslawien und Ruanda als Abwehrmechanismus gegen eine politische Instrumentalisierung durch den UN-Sicherheitsrat oder die Versammlung der Vertragstaaten und erfüllt damit einen neuen Standard an Unabhängigkeit und Universalität der völkerrechtlichen Gerichtsbarkeit.

Um ein Völkerrecht des 21. Jahrhunderts, ein Völkerrecht, dass dem gleichberechtigten und friedlichen Zusammenleben der Völker dient, zu installieren, sind – so möchte ich hier noch einmal kurz zusammenfassen- ,
- ein umfassendes Aufklärungsgebot,
- die Gleichzeitigkeit von juristischer und gesellschaftlicher Aufarbeitung
- und der Schutz vor politischer Instrumentalisierung zu garantieren/anzustreben.

Um meine drei Thesen für eine friedensstiftende Funktion völkerrechtlicher Prozesse zu untermauern, möchte ich auf eine bittere europäische Erfahrung im Ausgang des 20. Jahrhunderts zu sprechen kommen, auf den Krieg in Jugoslawien zu Beginn der 90er Jahre nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation 1989/90. Doch meine Erzählung wird uns letztendlich doch wieder zurück zur Geschichte des Holocausts und seiner Aufarbeitung führen, zu den Lehren des zweiten Weltkrieges, die zur Anerkennung eines universellen Völkerrechts für die Ächtung von Gewalt zwischen Staaten geführt haben.

Am 30. Juni 1995 beschloss die Bundesrepublik als letztes NATO-Mitglied den ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr, einer grundgesetzlich verpflichteten Verteidigungsarmee. Dagegen stimmten Politikerinnen und Politiker der Linken, wie auch grundsätzlich der Grünen in meinem Land. Auch Joseph Fischer, später Außenminister der Bundesrepublik von 1998 – 2002, stimmte gegen den Einsatz der Bundeswehr im Ausland. (3) Doch schon zwei Wochen später begründete Joseph Fischer seine Zustimmung zur Beteiligung am Jugoslawien Krieg 1995 – wie andere auch - mit den Massakern von Srebrenica, die sich nach dem 11. Juli 1995 ereigneten. Nicht die Forderung nach Transparenz und die Mahnung zur Aufarbeitung und Ächtung von Gewalt standen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, sondern es begann sofort eine prägende politische Instrumentalisierung der Toten von Srebrenica für einen kommenden Krieg. Diese Vorgehensweise prägte auch die kommenden Jahre bis zur Schließung der Akten – auf Druck der USA –.

Mit der deutschen Entscheidung zur Unterstützung des NATO-Einsatzes in Bosnien am 30. Juni 1995 war gegenüber den bosnischen Serben die Neutralität der UN-Truppen de facto beendet worden. Die UN-Mission mit dem Mandat zur Neutralität verwandelte sich in eine geschlossene Front der Westmächte, die gegen die bosnischen Serben kämpfte. Eine Woche später begannen die Soldaten der bosnischen Serben den Angriff auf Srebrenica. Die Ursachen für die eskalierende Gewalt, die Beteiligung und die Mitwisserschaft um die Ereignisse in Srebrenica liegen bis heute im Dunkeln.

Das Den Haager Tribunal hat die eskalierende Gewalt in Srebrenica bis heute gerade nicht als geplante Aktion werten können. Geplant war „nur“ die Einnahme der UN-Schutzzone, nicht die systematische Vernichtung von Menschen. Dies wären wichtige Kriterien, um die Gewalt, die weit über die Kampfhandlungen und Verbrechen in Kriegen hinausgehen und völkerrechtlich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit – als Völkermord - verurteilt werden müssen, zu bewerten.

Der spätere Außenminister der Bundesrepublik Deutschland beschwor unmittelbar nach den Massakern in Srebrenica eine Verantwortung für ein militärisches Eingreifen der Nato in Jugoslawien, in dem er im Subtext die Singularität des Holocausts verwässerte und von einer neuen Form des Faschismus sprach. Diese Begründung ging auf den Sozialdemokraten, Freimut Duwe zurück, der von der „Rampe von Srebrenica“ gesprochen hatte.(4) Damit benutzte Duwe ein Symbol des Kulturbruchs, welches bisher eindeutig für die Verbrechen in Auschwitz gestanden hat.

Die sogenannte Alte Rampe vor den Toren der drei Lager in Auschwitz war von 1942 – 1944 der Ankunftsort der Gefangenen. Hier wurden die Eingetroffenen auseinander gerissen, Arbeitsfähige wurden rücksichtslos von ihren Angehörigen, Alte und Kinder, getrennt. Nicht Arbeitsfähige wurden von diesem Ort des Grauens sofort in den Gaskammern umgebracht. Die Namen dieser Opfer hat die SS nicht erfasst, sie kann bis heute nur geschätzt werden. 55 Jahre später - 1999 wurde das letzte Kapitel der Zerschlagung Jugoslawiens aufgeschlagen, als die NATO-Staaten direkt angriffen, waren es wieder die Toten von Srebrenica, die einen völkerrechtswidrigen Krieg begründeten sollten. Die Geschichte verweist aber auf drei Bürgerkriegsparteien, die alle Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen begangen hatten. Zahllose Zivilisten wurden auf allen Seiten getötet, Frauen vergewaltigt.

Statt Fragen nach der Eskalation der Gewalt, der unterlassenen Hilfe der UN-Truppen zu stellen oder die Mitwisserschaft von Kofi Annan bis M. Albright im Vorfeld des 11. Juli 1995 aufzuklären, diente ein entsetzliches Massaker einzig zur Rechtfertigung eines neues Krieges, zur Unterfütterung einer außenpolitischen Doktrin der USA, die der Welt militärische Interventionen – jenseits völkerrechtlicher Einbindung- als „humanitäre“ Intervention verkaufen wollte. „Die Eroberung der ostbosnischen UN-Schutzzone im Juli 1995 kam für die Weltorganisation und mehrere Nato-Staaten nicht überraschend. Doch konkrete Pläne, ihren militärischen Schutz rechtzeitig zu verstärken, wurden von den USA gestoppt.“, schreibt der Journalist Andreas Zumach(5) 2002 in der grünorientierten Tageszeitung taz. Die unbequeme Frage, ob eine wissentliche Demontage der UN-Mission nicht der Begründung von „robusteren“ Mandaten dienen sollte, bleiben.

Die Verbrechen in Srebrenica ohne jegliches Aufklärungsgebot (These 1) mit dem Begriff der Rampe von Auschwitz zu koppeln, grenzt an eine Art von Geschichtsvergessenheit, die nicht zu akzeptieren ist. (6) Inzwischen ist – mit Beginn 1995 - die deutsche Bundeswehr an vielen Orten weltweit im Einsatz, vor allem auch in Afghanistan. Eine Militarisierung der Außenpolitik steht allerdings allen Lehren des 2. Weltkrieges und der Friedenssehnsucht, die auch die EU mitbegründet hat, diametral entgegen. (Diese Lehre gilt für die ganze westliche Welt.)

Angesichts dieser abenteuerlichen Entwicklungen – die genau 50 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges beginnt - steht die Frage, ob ein universelles, unabhängiges und neutrales Recht in den internationalen Beziehungen mit einem Anspruch der Friedensicherung, mit der Achtung der Lehren des 2. Weltkrieges im 21. Jahrhundert geschaffen werden kann. Ich halte die Schritte, die mit dem Römischen Statut und dem ICC gegangen worden sind, für wichtig.

Sie ersetzen aber nicht eine gesellschaftliche Debatte, eine schwierige kulturelle Auseinandersetzung in jedem einzelnen Fall der Aufarbeitung von Völkerrechtverletzung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Eine Friedensicherung in Europa war und ist immer dann erfolgreich, wenn kulturelle Verschiedenheit – auch die je unterschiedlichen historischen Erfahrungen und Sichtweisen - in Lernprozessen ausgetauscht wurden.

Vor einer ähnlichen Aufgabe steht meines Erachtens auch Bangladesh bei der Aufarbeitung der Verbrechen von 1971. Jeder eingeschlagene Weg für eine offene Aufarbeitung ist eine Geschenk für die ganze Völkergemeinschaft, für die Demokratie- und Friedensfähigkeit auf unsere Erdball. Für die Verbrechen in Bangladesh ist m. E. eine juristische Aufarbeitung nach dem kambodschanischen Modell möglich und international unterstützenswert. Eine Mischung aus nationaler und internationaler Gerichtsbarkeit kann die Orientierung an Maßstäben der Unabhängigkeit und Transparenz sichern und zugleich vor politischer Instrumentalisierung schützen. Wichtig ist die begleitende gesellschaftliche Debatte, die ihren Maßstab aus einer Verantwortung für die nächsten Generationen beziehen muss. Hier müssen neben der Forderung nach juristischer Aufarbeitung, auch die Frage nach der Entstehung von Gewalt und die Aussöhnung verhandelt werden können. Geschichtspolitik ist eine Aufgabe der Zivilgesellschaft. Sie muss Gewalt ächten, indem sie Ursachen aufklärt. Dies kann man nicht staatlich verordnen, sondern nur in unabhängigen Diskussions- und Lernprozessen organisieren. Staatlicherseits sind ausschließlich die Strukturen einer offenen gesellschaftlichen Aufarbeitung, wie hier im Liberation War Museum, zu befestigen.

Anmerkungen:
(1) siehe Peach, Norman/Stuby, Gerhard: Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, Hamburg 2001, S. 30 beschreiben die Autoren, die häufig von Juristen unterschätze soziale Funktion des Völkerrechts, nämlich Herrschaftsverhältnisse zu erhalten und „humaner“ zu gestalten. Deshalb legen die Autoren einen Schwerpunkt auf die Geschichte des normierenden Völkerrechts und die Feststellung, dass es sich bei den Normen weder um neutrale, noch unparteiische Wertorientierung handelt. Mit dieser Sichtweise lassen überhaupt erst Fragen an das Verhältnis von Machtpolitik und internationalem Recht stellen und Ergebnisse von Übereinkünften über die friedliche Austragung von Konflikten auch aus mehreren Perspektiven bewerten.

(2) Ausnahme ist hier das im Art. 16 verankerte Recht einer 12 monatigen Aussetzung der Strafverfolgung, wenn das Ersuchen nach Art. VII der UN-Charta erfolgt. (vgl. Bummel, Andreas: Meilenstein des Völkerrechts: Der Internationale Strafgerichtshof. In: Mainzer Zeitschrift für Jurisprudenz, 1/2001 (www.bummel.org/texte/2001 - strafgerichtshof.php; letzter Zugriff 7.7.2009)

(3) Deutsche Soldaten in Jugoslawien waren nicht nur aus grundsätzlichen friedenspolitischen Überlegungen, sondern auch vor dem Hintergrund der Beziehungen zwischen Jugoslawien und Deutschland im 1. und im 2. Weltkrieg schwer vermittelbar.

(4) Der Begriff wurde eigentlich 1995, unmittelbar nach Verbrechen in Srebrenica, vom SPD-Politiker Freimut Duwe geprägt, um auf eine Geschichte der Rassentrennungen und der anschließenden Flucht und Vertreibung zu verweisen – nicht um 1999 den Einmarsch im Kosovo zu begründen. Er wurde im gleichen Jahr zum Vorsitzenden der Menschenrechtskommission der OSZE-Versammlung gewählt. Siehe: Duwe, Freimut, Die Rampe von Srebrenica“ , DIE ZEIT, Wochenzeitschrift, 30/1995

(5) siehe „Keine Rettung für Srebrenica“ von Andreas Zumach, taz, 11.4.2002: Die UNO sowie die Militärführungen und Regierungen mehrer Nato-Staaten hatten mindestens vier Monate vor dem Fall der ostbosnischen UNO-Schutzzone Srebrenica im Juli 1995 sehr konkrete Informationen über die Angriffsvorbereitungen und Eroberungspläne der bosnischen Serben. Doch Überlegungen im New Yorker UNO-Hauptquartier, den militärischen Schutz Srebrenicas zu verstärken, wurden nach einer Intervention der Clinton-Administration Anfang April 1995 gestoppt. Diese neuen Erkenntnisse, die im Widerspruch stehen zu dem im November 1999 vorgelegten Srebrenica-Untersuchungsbericht von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, erbrachten gemeinsame Recherchen der taz und des niederländischen Radiosenders VPRO … Annan lehnte es auf Anfrage von taz und VPRO ab, sich zu dem Treffen mit Albright zu äußern. "Die Srebrenica-Akte ist geschlossen", erklärte der Sprecher des UNO-Generalsekretärs und verwies auf den "definitiven" Untersuchungsbericht "

(6) siehe „Keine Rettung für Srebrenica“ von Andreas Zumach, taz, 11.4.2002: Die UNO sowie die Militärführungen und Regierungen mehrer Nato-Staaten hatten mindestens vier Monate vor dem Fall der ostbosnischen UNO-Schutzzone Srebrenica im Juli 1995 sehr konkrete Informationen über die Angriffsvorbereitungen und Eroberungspläne der bosnischen Serben. Doch Überlegungen im New Yorker UNO-Hauptquartier, den militärischen Schutz Srebrenicas zu verstärken, wurden nach einer Intervention der Clinton-Administration Anfang April 1995 gestoppt. Diese neuen Erkenntnisse, die im Widerspruch stehen zu dem im November 1999 vorgelegten Srebrenica-Untersuchungsbericht von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, erbrachten gemeinsame Recherchen der taz und des niederländischen Radiosenders VPRO … Annan lehnte es auf Anfrage von taz und VPRO ab, sich zu dem Treffen mit Albright zu äußern. "Die Srebrenica-Akte ist geschlossen", erklärte der Sprecher des UNO-Generalsekretärs und verwies auf den "definitiven" Untersuchungsbericht"

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